288 Bundeekriegewesen.
hat. Hat man aber die parlamentarische Regierung, so hat man damit so
zu sagen ein Ventil für die zu heiße Dampfkraft geschaffen, und es bleibt
ein parlamentarischer Kampf, was sonst zur Sache der Gewaltthätigkeit
wird. Eine zweite Einwendung hat man gegen das Budgetrecht in
Militairangelegenheiten gemacht, indem man sagte, daß die Militairange
legenheiten gar nicht von der Volksvertretung als solcher beur-
theilt werden könnten, die Ordnung der militairischen Angelegenheiten
wäre rein technisch. Hierin, meine Herren, ist in der That etwas
Wahres, und wir müssen unterscheiden, hier wie bei vielen anderen
Gefetzgebungen, das Technische der Ausführung von der Bestimmung
des Zweckes und der darauf zu verwendenden Mittel. Lassen Sie
mich mit einem Beispiel beginnen. Rehmen Sie den Fall, es wollte Je-
mand ein Gebäude errichten lassen, und er wäre kein Baumeister;
dann ist gar keine Frage darüber, daß der Mann, um das Gebäude zu
errichten, einen Techniker, in diesem Falle also einen Architekten, rufen
und sich desselben bedienen muß. Aber, meine Herren, was würden Sie in
dem Falle sagen, wenn er zu dem Architekten nichts weiter spräche, als: ich
will ein Gebäude haben, du bist ein fähiger Architekt, stelle mir also das
Gebäude her! Das hat keinen Sinn. Was der Bauherr nothwendiger Weise
hinzusügen muß, das sind allgemeine Bestimmungen; er inuß sagen, wozm
das Gebäude sein soll, ob es ein Wohnhaus oder ein Waarenlager, oder ein
Haus für Versammlungen werden soll; er muß angeben, wie viel Geld er
darauf wenden will, und in wie viel Zeit es hergestellt werden soll. Dans
ist es Sache des Technikers, ihm zu sagen, wie unter den gegebenen Bedin-
gungen das Gebäude am besten hergestellt wird, wobei ich bereitwillig zugebe,
was auch für unsere Militairfrage von großer Bedeutung ist, daß es hier
ein Grenzgebiet giebt, für welches man sich fragen kann, ob die rechten
Bestimmungen auf demfelben allein Sache des Bauherrn, oder allein Sache
des Technikers seien, oder sich auf diesem Gebiete Beide zu verständigen haben.
Ich denke, mit den Militoirangelegenheiten verhält es sich vollständig ebenso.
Daß ein Herr da sein muß, dies allein zu erklären, ist nicht genügend für
das Voll in seiner Gesammtheit, wie es in seiner Vertretung repräsentirt
ist, um dem Techniker nun die volle Freiheit der Ausführung zu lassen. Es
ist in der That Sache der Bevölkerung, soweit diese der eine Factor der
Gesetzgebung ist, festzustellen, ob sie mehr ein Heer zur Vertheidigung, oder
mehr ein Heer für den Angriffskrieg wünscht; es ist Sache der Bevölkerung
zu sagen, wie viel an Geld und Menschen sie hergeben will, es ist demnach
auch Sache der Bevölkerung zu entfcheiden, wie lange ein Jeder dienen, wie
viel er in der Beziehung von seinen gewöhnlichen Berussgeschästen zu opfern
hat, um dem Vaterlande mit den Waffen in der Hand zu dienen. Auch
hier, meine Herren, giebt es ein Grenzgebiet, und da ist es in der That im
höchsten Grade wünschenswerth, dab die Volksvertretung den Rath der Fach-
mdnner höre, obwohl wir in der Beziehung nicht ohne weiteres zugeben