Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

290 Bundeskriegswesen. 
Freiherr von Viucke (Olbendorf).“) Meine Herren, es ist von dieser 
Stelle schon gesagt worden, daß wir uns hier an dem wichtigsten Capitel 
unserer Versassungsoorlage befinden: Es handelt sich hier um die Sicher- 
heit des Norddeutschen Bundes gegen Außen. Die Sicherheit ist 
die Grundlage jedes Staatslebens, und die Differenz der Meinungen zwischen 
einer Seite des Hauses und der anderen liegt wohl, glaube ich, vorzüglich 
daran, daß die eine Seite dlese nothwendige Grundlage jedes Staatslebens, 
jeder constitutionellen Entwicklung, jeder Civilisation als das Nothwendigste 
zuerst und auf das Sicherste sestgestellt wissen will, während eine andere 
Seite, die an dieser Stelle soeben der Abgeordnete Waldeck vertreten hat, 
Über Alles die constitutionelle Entwicklung setzt, diese zuerst nach 
dem Ideal, das sie sich aufgestellt hat, ausgeführt haben will und behauptet, 
in dieser constitutionellen Entwicklung liege zugleich die größte Stärke des 
Staates gegen Außen, damit würde sich das Volk am besten schlagen für 
seine Verfassung u. s. w. Meine Herren, das bestgesinnte Volk, das be- 
geistertste Volk wird keine Siege erringen, ohne daß es gehörig organisirt ist 
für die Schlachtfelder: nur in der wohlgeregelten Wehrfähigkeit und Wehr- 
krast des Volkes liegt die Sicherheit des Staates. Diese nun gehörig fest- 
zustellen und zwar für die neue Schöpfung des Norddeutschen Bundes auf 
längere Dauer, das bezweckt die Vorlage der Regierung und ich glaube, wir 
haben alle Veranlassung, zu diesem Ziele die Regierung zu unterstlitzen. Jeder 
Staat findet in Europa seine Sicherheit nur in der tüchtigen großen Orga- 
nisation seiner Wehrkrast, noch vielmehr aber bedars eine solche die eben 
neu entstandene politische Schöpfung des Norddeutschen Bundes, der es an 
Neidern und Hassern nicht sehlen wird, und die wenigstens für die nächste 
Zeit sich sehr darauf gesaßt machen muß, allen Angriffen, die von einer oder 
der anderen Seite kommen könnten, Widerstand zu leisten. Es ist hier schon 
wiederholt gesagt worden, Deutschland wird nicht aggressiv seln. Davon 
bin auch ich sest Uberzeugt, aber gerade das Preußische Wehrsystem, welches 
jetzt vorgeschlagen wird für die Organisation des Deutschen Bundesheeres, 
das ist nicht aggressiv, das ist auf der einen Seite allerdings sehr stark, 
militatrisch stark, es macht die Nation kriegerisch, auf der anderen Seite 
aber ist es friedfertig. Die allgemeine Wehrpflicht brauche ich hier in 
ihrer ganzen Vorzüglichkeit nicht weiter zu empfehlen, nachdem sie, insbe- 
sondere im vorigen Jahre, sich durch Thaten so glänzend bewährt hat, daß 
ganz Europa ihre Vortrefflichkeit anerkennt, aber nur das will ich hervor- 
heben, daß gerade, weil in der allgemeinen Wehrpflicht es liegt, daß alle 
Klassen der Nation, vornehm und geringe, reich und arm, kriegerisch ausge- 
bildet werden, das Volk kriegstlichtig erhalten wird, während zugleich aber 
auch alle Klassen ein Interesse daran haben, den Frieden erhalten zu sehen, 
weil alle Klassen, wie sie die Vortheile des Friedems genießen, auch im Kriege 
4 St. Ber. S. 542. 
 
	        
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