298 Bundeskriegswesen.
und da muß ich bekennen, daß die Pumkte, welche mir in dem Entwurfe
aufgefallen sind, sich vorzugsweise beschränken auf die beabsichtigte ver-
fassungsmäßige Feststellung der Friedenspräsenzstärke der Bundes-
armer in Artikel 56 d. Entw. und auf die damit untrennbar zusammenhängen-
den Kosten, die im Artikel 58 festgestellt sind, und endlich auf die verfassungs-
mäbige Feststellung der militairischen Gesetzgebung, einschließlich aller Regle-
ments, Instructionen und Rescripte. Ich halte diese drei Sätze nicht für
richtige Objecte der Verfassung. Ich glaube, daß die Verfassung sich dar-
auf zu beschränken hat, die Grundlagen der Bundeskriegsver=
fassung herzustellen, und daß die drei Artikel Ausführungs-Be-=
stimmungen enthalten, welche von dem Bundespräsidium zuerlassen
sind nach der demselben bereits beigelegten Competenz, für deren zweckmähige
Anwendung durch die auch bereits beschlossene Verantwortlichkeit des Bundes-
kanzlers dem Reichstage Sicherheit gewährt werden soll. Ich verkenne
gar nicht, daß diese Bestimmungen nothwendig in die den Zusammen-
tritt des Norddeutschen Bundes anbahnenden Vertrüge mit den einzelnen
Regierungen gehören. Denn es handelt sich darum, für den Augenblick die
Wehrfähigkeit in voller Ausdehnung herzustellen. Ich bestreite aber, daß
sie richtigerweise in die Verfassung gehörten. Die Präsenzstärke
im Frieden mit ihrer Consequenz der dafür zu bewilligenden Kosten muß sich
nach der augenblicklichen Lage der politischen Verhältnisse richten. Sie muß
also veränderlich sein und kann schon um deßwillen nicht verfassungsmäßig
normirt werden. Ich unterscheide dabel die factische Friedenspräsenzstärke
von der gesetzlichen. Die gesetzliche kann und muß in der Ausdehnung
geregelt werden, daß, falls die Kriegsbereitschaft erforderlich ist, der Staat
oder der Bund dazu vollständig im Stande ist. Die factische Friedens-
präsenzstärke wird aber, glaube ich, nicht in Zelten tiefen Friedens und bei
drohenden Gefahren dieselbe bleiben können und dürfen. Drohen Gewitter
am politischen Horizont, so hat, so lange Überhaupt Staaten bestehen, die
Regierung und die Bevölkerung derselben es für nöthig gehalten, die Wehr-
krast in ungewöhnlicher Weise anzuspannen. Wird aber in vollem Frieden
die Stärke des Staats in der fortwährenden Kriegsbereitschaft gesucht, so
haben wir dafür Erfahrungen auch noch aus diesem Jahrhundert, daß, wenn
nicht gleichzeitig die wahre Kraft und die wahre Macht des Staates, welche
erpräsentirt wird durch seine intensive Entwickelung, gleichen Schritt hält mit
der Ausrüstung für den Krieg und der Herstellung einer im Frieden immer
sehr kostbaren großen Armee, die offensive Kraft auch der Großmächte eine
viel geringere ist, als erwartet worden und selbst die defensive Kraft in
Zweifel gestellt werden kann. Ich weise nur darauf hin, daß die Anstren-
gungen, welche von Preußen unter der Wirksamkeit des Deutschen Bundes
gemacht worden sind, um sich den Namen des Schwertes von Deutschland
zu erhalten und zu sichern, für normale Verhältnisse unverhältnißmäßig groß
gewesen wären. Es ist das in Preußen, es ist das außrrhalb Preußens