302 Bundeskriegewesen.
meinem Dafurhalten so etwas nicht festgesetzt werden, es wird darüber
jedesmal fpecieller Gesetze bedürfen. Nun bin ich aber nicht der
Ansicht, die von diesem Platze aus schon wiederholt vertheidigt ist, daß es
zweckmäßig sein würde, in einem jeden Jahre den Reichstag über die
Armee beschließen zu lassen; ich glaube, daß die Armee eine Einrichtung ist,
der man unter allen Umständen in der Formation, in welcher sie sich
gerade befindet, eine län gere Dauer geben muß. Das schließt aber
nicht aus, daß von Zeit zu Zeit in gewissen Perioden eine neue
Prüsung desjenigen stattfindet, auf welchem die Formation der
Armee gegr öndet werden kann. Sind wir nun in diesem Augen-
blick im Stande, die Formation der Armee auf eine längere Dauer
festzustellen? Diese Frage, meine Herren, muß ich verneinen; es liegt
zu dem Zwecke zu wenig Material vor uns, das wenige, was durch die
in der letzten Zeit vertheilte Brofchlre gegeben ist, reicht dazu nicht aus.
Eine Einsicht des letzten gesetzlich zu Stande gekommenen Militairetats für
den Preußischen Staat vom Jahre 1862 reicht dazu auch nicht aus; denn
wenn man die Zuftände des Jahres 1862 in dieser Beziehung noch als sort-
dauernd annimmt, so würde man zu einem Durchschnittefatze von 225 Thlr.
pro Kopf nicht gelangen. Nach dem damaligen Kostenbetrage, der für die
Armee sowohl im Ordinarium als im Extraordinarium verwendet werden
follte, würde der Durchschnitt ein weit geringerer fein als 225 Thlr. Ich
bin nun durchaus nicht gewillt, zu bezweifeln, daß der Vorschlag der ver-
blindeten Regierungen, 225 Thlr. pro Kopf zu zahlen, wohl begründet sei.
Allein diese Begründung liegt mir nicht vor und ich kann daher auf eine
längere Reihe von Jahren, auf die Dauer dieser Verfassung selbst unmöglich
mich entschließen, eine solche Summe zu bewilligen. Es bleibt nichts Ubrig,
als einen vorübergehenden Zustand zu schaffen, der daun, nachdem eine gründ-
liche Prüfung des Bedülrsnisses nach beiden Richtungen hin sowohl an Mann-
schaft als an Geld stattgefunden hat, in einen definitiven übergehen möge.
In Bezug auf den proviforischen Zustand, der nach meinem Dafür-
halten erst geschaffen werden muß, acceptire ich die Grundlagen, die
sich im Verfassungsentwurf finden, ich acceptire ein Procent der Bevölke=
rung; ich acceptire auch 225 Thaler als die Koften, die pro Kopf
geleistet werden müssen, allein eine grwisfe Grenze dieses proviso-
rischen Zustandes muß schon von vornherein ins Auge gesaßt
werdeu, und da bin ich wiederum nicht der Mein ung, daß diese Greng
eine zu nahe sein möge; denn innerhalb der Zeit des Provisoriums wird
nicht bloß in Bezug auf die Formation der Armee, fondern auch in Bezug
auf den größten Theil der Gesetzgebung über das Militairwesen eine Beur-
theilung dee Reichstages eintreten müsseu; und es ist das eine so umfang-
reiche Gefetzgebung, daß man schwerlich annehmen darf, es werde dieselbe in
einer kurzen Sitzung des Reichstages ihre Erledigung finden können. Mir
scheint es am zweckmähigsten, wenn, nachdem eine dreijährige Legis-