304 Bundeskriegswesen.
Allein, meine Herren, es giebt auch Fälle, wo der Kriegszustand über ein
Land verhängt wird, wenn dasselbe nicht vom auswärtigen Kriege bedroht
ist, es sind dies die Fälle innerer Unruhen, und wenn derartige innere Un-
ruhen in einem Lande ausbrechen und die Berhängung des Kriegszustandes
nothwendig ist, so sollte ich doch dafür halten, daß man da der eigenen Re-
gierung des Landes wohl zunächst eine Beschließung darllber Üüberlassen mützte,
daß man nicht dem Bundesfeldherrn, dem Regenten eines anderen Landes,
die Befugniß ertheilen kann, darüber zu urtheilen ob es nothwendig wird,
mit solchen krästigen, die gewöhnlichen Gesetze beseitigenden Maßregeln ein-
zuschreiten. Ich glaube um so mehr, daß in dieser letzten Beziehung Abhülfe
wird geschehen müssen, als es ja im Artikel 59 d. Entw. dem Bundes-
Feldherrn überlassen ist, die Dislocation innerhalb des Bundesge-
bietes selbstständig vor zunehmen. Denken Sie, meine Herren, welch' einen
Überwältigenden Einfluß nicht blos auf die militairischen Angelegenheiten,
sondern auch auf die inneren Angelegenheiten es herbeiführen müßte, wenn,
nachdem die Dlslocation der Truppen, welche der Bundesfeldherr vorgenom-
men hat, es mit sich gebracht hat, daß in dem verblndeten Staate nur fremde
Truppen, nicht die des eigenen Staates sich befinden und wenn alsdann
plötzlich Kriegszustand über denselben verhängt wird, durch welchen die ver-
fassungsmäßige Gesetzgebung beseitigt wird. Ich glaube, es ist das ein Zu-
stand, den man sich kaum denken kann, der aber, wenn in dem Gesetze nicht
dafür gesorgt wird, daß so etwas nicht geschehen kann, doch möglicherweise
eintreten würde. Ich möchte daher namentlich in Bezlehung auf diese Be-
stimmungen wünschen, daß es möglich wärc, derartige Abünderungen eintreten
zu lassen, welche für die großen Süddeutschen Staaten, die unserm Nord-
deutschen Bunde nicht angehören, die Möglichkeit eines Eintritts herbeiführen,
denn wenn diese Bestimmungen stehen bleiben, so kann ich unmöglich glau-
ben, daß sie es wünschen würden hinzuzutreten. Ich muß aber glauben, daß
das Schutz= und Trutzbündniß, welches mit den Süddeutschen Staaten gegen-
wärtig abgeschlossen ist, nicht einen hinreichenden Ersatz dafür geben kann,
daß sie als selbst berechtigte Mitglieder dem Bunde wieder hinzutreten. Meine
Herren, welch' einen Einfluß es gehabt hat, daß die Zusammengehörigkeit
Deutschlands nicht mehr dieselbe ist, wie sie zur Zeit des Deutschen Bundes
war, das hat uns auf das Deutlichste gezeigt die neueste Ersahrung, welche
wir mit Luxemburg gemacht haben. Möge es nie dahin kommen, daß, wenn
auch nicht auf die gleiche, so doch auf ähnliche Weise die großen Süddeutschen
Staaten dem Norddeutschen Bunde entfremdet und damit ganz Deutschland
entfremdet und zu den Feinden Deutschlands hinübergezogen werden.
Abgeordneter Aryger (Hadersleben).“) Der 11. Abschnitt des Ent-
wurfes einer Bersassung für den Norddeutschen Bund hat den Zweck, das
“) St. Ber. S. 547.