Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Ar#ikel 57—6#f. Bockum-Doisse. Duncker. 311 
Stunde als Norddeutscher, der Über seinem geleisteten Eide steht. Ich richte 
mich in dieser Beziehung nach einem erhabenen Beispiele, welches ich Ihnen 
vorführen will. Als im vorigen Jahre die siegreiche Armee zurückkehrte, 
wäre es unsrer Regierung ein leichtes gewesen, alle die Artikel, welche der 
Abschnit XI. umfaßt, im Wege eines Staatsstreichs oder der Octroyirung 
bei uns einzuführen; es würde einer späteren Landesvertrrtung unter dem 
Drucke des Augenblicks nicht eingefallen sein, die nachträgliche Genehmigung 
dazu zu versagen. Die Reglerung hat das aber nicht gethan, meine Herren! 
Sie ist noch weiter gegangen; ste hat sogar offen und geradezu erklärt, daß 
sie in der Auslegung der Verfassung, und namentlich in Bezug auf Artikel 99 
derselben irrige Ansichten Jahre lang verfolgt habe; sie hat die Indemnität 
von der Volksvertretung verlangt! Und wem, meine Herren, verdanken wir 
das? Vediglich unserm hochherzigen, eidestreuen Könige! Ich vermag 
ein solch' überwältigendes Beispiel an mir nicht spurlos vorübergehen zu 
lassen. Aus diesen Erwägungen, meine Herren, habe ich mitgwirkt zu 
den Anträgen, wie Sie dieselben in Nr. 73 der Drucksachen finden. Diese 
Anträge machen das Vand nicht wehrlos; sie entziehen der Armee, wie sie 
bestehen muß, weder die nöthigen Geldmittel, noch den nöthigen Kriegsbedarf, 
und wenn die tapfern Generale, die dieselbe zu Sieg und Ruhm gefuhrt 
haben, — wenn sie derartige Besorgnisse hegen möchten, so kann ich nur ver- 
sichern, daß von dem Allen Niemand von uns jemals ekwas verweigern wird. 
Das Ganze, was die Anträge besagen, ist, vor Ueberrumpelung und Ueber- 
eilung zu wahren. Was jezßzt besteht, die Einrichtungen, die Geldmittel, wie 
fie bewilligt sind, sie werden bewilligt bleiben, und nur dem ruhigen Wege 
der Gesetzgebung soll nicht vorgegriffen werden. Aus gewissenhafter Ueber- 
zeugung habe ich zu diesen Anträgen meine Zustimmung gegeben, und ich 
werde für# dieselben, mithin gegen die betreffenden Artikel des Verfassungs- 
Entwurfes stimmen. 
Duncker (Berlin).?) Meine Herren! Elner der Herren Vorredner 
hat, wenn ich nicht irre, geäußert, es würde schwer sein für einen Preußi- 
schen Abgeordneten, der in den letzten Kämpfen zwischen der Regierung 
und dem Abgeordneten in dieser Frage gestanden hat, in dieser Frage die 
nöthige Unbefangenheit zu wahren. Obschon ich zu deu Abgeord- 
neten gehört habe, welche diesen Kampf geführt haben, so will ich mich doch 
bemühen, und glaube es in gewissem Grade erreicht zu haben, diese Unbe- 
fangenheit zu wahren. Ich bin in derselben so welt gegangen, daß 
ich, weil ich in der Begründung des Norddeutschen Bundes und in dem hier 
zu schaffenden Reichstage die Gelegenheit sah, diese ganze Frage neu zu ord- 
nen, für die Vergangenheit der Königlichen Staatsregierung im Abgeordneten- 
hause die Indemnität erthellt habe; ich habe das aber freilich nur in 
°) Se. Ber. S. 549.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.