Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

312 Sundeskriegewesen. 
der Voraussetzung gethan, daß die gesammte Frage der Militair. 
lasten und der Militairgesetzgebung nun auf dem geordneten 
parlamentarischen Wege in dem versassung mäßigen Organe 
des Norddeutschen Bundes zum Austrage käme, daß es sich also 
hier wirklich um die Schaffung eines neuen Rechtsbodens handelt. 
Damit fallen die Streitfragen, ob die Preußische Regierung berechtigt ge- 
wesen sei, diese Reorganisation einzuführen oder nicht, natlirlich ganz bei 
Seite. Wir streiten uns nicht mehr um Formen, sondern wir streiten um 
die Sache. Aber, meine Herren, wenn man diesen Rechtsboden begründen 
wlll, so glaube ich, kann man doch nicht so vorgehen, wie es in der Ber- 
fassung geschiecht. Denn, meine Herren, das würde im Volksbewußtsein nicht 
den Eindruck machen, als wenn ein neuer Rechtsboden gegründet werden 
solle, sondern als wenn es hier auf eine Ueberrumpelung abgesehen sei. 
(Bravo! links.) Sie sollen in diesen drei oder vier Artikeln diese wich- 
tigsten Fragen entscheiden Uber den Präsenzstand, Über die Dauer der Ber- 
pflichtung des einzelnen Mannes bei den Fahnen zu bleiben, Über die finan- 
jielle Belastung aller Bürger des Norddeutschen Bundes, endlich über das 
gesammte Capitel der militairischen Gesetzgebung. Meine Herren, ich er- 
innere Sie Alle an Ihre parlamentarischen Erfahrungen. Wenn in dem 
Landtage eines Einzelstaates das geringste Gesetz, was über Leben und Eigen- 
thum und Rechtsverhältnisse der Bürger entscheidet, eingesührt werden soll, 
so hält sich Niemand flir berechtigt und verpflichtet, darauf einzugehen, es 
sei denn, daß ihm von Seiten der Regierung die eingehendsten Vorlagen, die 
eingehendsten Motivlrungen einer solchen Maßregel gegeben werden. Ist das 
aber nur annähernd möglich hier zu erreichen bei diesem Artikel, wo jeder, 
ich möchte sagen, ein ganzes Gesetzbuch in sich schließt? Aus diesen Grün. 
den haben wir unsere Anträge gestellt, sie bezwecken weiter nichts, als diese 
Fragen der künftigen Gesetzgebung nnd den künstigen Fiuanzbewilligungen 
der verfassungsmäßigen Organe des Norddeutschen Bundes offen zu halten. 
Nicht im Mindesten sind sle, und namentlich die Forderung, die jährliche 
Auehebungsziffer durch ein Gesetz festzustellen, darauf berechnet, etwa den 
Norddeutschen Bund wehrlos zu machen, oder die Armee in die Lust zu 
stellen. Wie wenig dies der Fall ist, werden Sie daraus entnehmen, daß 
wir gleichzeitig uns vorzuschlagen erlauben, daß die Organisation der Armer, 
welche gegeuwärtig ja auf Verwaltungsvorschriften beruht, durch ein Gesetz 
ein fÜr alle Mal festgestellt werde. Und, meine Herren, wenn das geschieht, 
dann binden Sie damit die künftigen Reichstage ebenso, wie jetzt die Land- 
tage, das Abgeordnetenhaus in Preußen, und jeder andere parlamentarische 
Körper in den Einzelstaaten gebunden sind, für die gesetzmäßig eingeführten 
Institutlonen, wie z. B. die Gerichtspflege, die Unterrichtsanstalten des Lan- 
des u. s. w. die nöthigen Mittel zu gewähren. Es kann dann immer nur, 
wenn die Bewilligung dieser Mittel gefordert wird, Über einzelne Fragen ge- 
stritten werden, es kann nur gestritten werden, ob im Einzelnen Ersparnisse
	        
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