318 Bundeskriegswesen.
nommen werde bei dem nächsten Reichstage, — mit der selbstverständ-
lichen Wirkung aber, daß das Provisorium so lange dauere, bis es gelunge
ist, eine Vereinbarung in Betreff der Grundgesetze der Kriegsverfassung zu
Stande zu bringen. Meine Herren! Ich gehe von dem entgegenge-
setzten Gesichtspunkte aus. Herr Waldeck hat in seiner Rede vorgestern
in der Generaldebatte zu diesem Abschnitt das Hauptgewicht darauf gelegt:
nicht der gegenwärtige Reichstag sei befugt, über die Kriegsverfassung zu ent-
scheiden, denn dazu sei er nicht berufen worden; es mülisse diese Ordnung dem
nächsten Reichstage überlassen werden, damit die nächsten Wahlen in Bezie-
hung auf dieses Geschäft vollzogen würden. Dagegen behaupte ich: zu den
wenigen Punkten, welche Über den zukünftigen Verfassungsentwurf als Nach-
richt in das Publikum gedrungen waren, gehörte vor allem die Kriegsver-
fassung; man hörte, daß von da ab ein Normaletat für die Armee geschaffen
werden sollte. In dem Kreise der Bevölkerung nun, welchem ich meine
Wahl zu verdanken habe, hat der Normaletat, d. h. die Bewilligung von
Mann und Geld für ewige Zeiten, sehr viel Besorgnih erregt; aber darllber
war man einig, daß in dem gegenwärtigen Reichstage werde entschieden wer-
den müssen üÜber die Kriegsverfassung, daß wir die Frage nicht werden elu-
diren können, indem wir sie in eine ungewisse Zukunft hinausstoßen, sondern,
daß es uns obliegt, ein männliches und muthiges Ja oder Nein zu sagen.
Wie ich das Mandat in diesem Sinne angenommen habe, so haben gewiß
die meisten, wenn nicht alle Mitglieder dieser Versammlung die Gewißheit
gehabt, daß es sich um die Frage handeln werde, die Kriegsverfass ung
definttio festzustellen. Meine Herren, ich kann den Gegensatz, in wel-
chem ich mich zu den Herren Amendementsstellern befinde, nicht kürzer aus-
drücken als in folgenden drei Sätzen: Ich will die Vergangenheit fried-
lich abschließen, ich will die Gegenwart reichlich sicher stellen, aber
ich will die Zukunft nicht compromittiren. Den Abschluß der Ver-
gangenheit finde ich darin, wenn wir offen und unumwunden die Rreorgani-
sation anerkennen, wie fie thatsächlich bisher vollzogen worden ist, und wie
sie nunmehr zum Gesetz gemacht werden soll. Sechs Jahre hindurch schwebte
der Kampf, welcher unter der Leitung des Herrn Abgeordneten für Hagen
begonnen halte; sechs Jahre hindurch hat die Volksvertretung den richtigen
Standpunkt, den sormell und principiell richtigen Standpunkt, welchen der
Herr Abgeordnete für Hagen im Jahre 1860 ihr zugewiesen hat, eingehal-
ten, und es darf Niemand einen Stein auf sie werfen, sondern es muß
Jeder — und ich hoffe, vor Allen der Herr Abgeordnete für Hagen — an-
erkennen, daß die Volksvertretung auf dem rechten Grund und Boden, auf
Grund des Gesetzes sich befunden, indem sie sich gesträubt hat, thatsächliche
Vorgünge anzuerkennen, ehe nicht das Gesetz ihnen die einzige sichere und
positive Grundlage gegeben hat. Viele Mal ist der Ausgleich versucht wor-
den, der Versuch hat viele Mal fehlgeschlagen; doch darliber bestand noch
nie ein Zweifel und es wurde von allen Seiten zugestanden, daß der Schwer-