Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

322 Bundeskriegswesen. 
könne mit deujenigen Bestimmungen, die nothwendiger Weise noch erlassen 
werden müssen Über die Ausübung der allgemelnen Militairpflicht. Es ist 
in dem Entwurf allerdings die Bestimmung enthalten, daß die gegen- 
wärtig in Preußen geltenden Gesetze Über die Ausübung der 
allgemeinen Wehrpflicht in dem ganzen Umfange des Bundeestaates 
in Geltung treten sollen. Und es wird sich nicht verkennen lassen, daß 
es nothwendig war, diese Bestimmung in dem Entwurf aufzunehmen; allein 
ich glaube, daß es nicht nothwendig ist und nicht ausführbar, dies als 
eine de finitive Anordnung in den Entwurf aufzunehmen, sondern 
daß nur provisorisch diese Gesetze Gültigkeit für das ganze Bundes- 
gebict haben können. Meine Herren, es läbt sich nicht verkennen, daß, 
weun der Reichstag aussprechen soll: es soll für das ganze Bundesgebiet die 
Preußische Gesetzgebung in ihrem ganzen Umfange mit allen ihren Ergän- 
zungen und ihren Erläuterungen definitio in Anwendung kommen, daß als- 
dann der Reichstag einen Act der Gesetzgebung ausübt. Nun bin ich des 
Dafürhaltens, daß man dem Reichstag nicht anmuthen soll, Gesetze auf dir 
Dauer zu sauctioniren, deren Inhalt ihm nicht bekannt ist. Es sind aller- 
dings in diesem Reichstag die größere Zohl der Mitglieder aus den Alt- 
preuhischen Provinzen und daher mit der Gesetzgebung in Militairfachen auf'e 
Genaueste bekannt. Allein es ist ein nicht unerheblicher Theil aus den ver- 
bündeten Staaten und den neugewonnenen Preußischen Provinzen, denen diese 
Gesetze nicht bekannt find, und es folgt daraus, daß man nicht annehmen 
kann, die Fiction sich nicht gestatten darf, es handele sich hier um die Aus- 
dehuuug der Preußischen Gesetzgebung auf das Bundesgebiet in der Art und 
Weise, daß man eine bereits allgemein bekannte Gesetzgebung nur stabilisire. 
Wir glauben daher, daß es zweckmüßig ist, eine neue Gesetzgebung über das 
gesammte Militairwesen durch den Reichstag in Auesicht zu stellen. Ich 
bin nicht der Meinung, daß, wenn eine neue Gesetzgebung in Aussicht ge- 
stellt wird, daraus nun nothwendig folgen müsse, daß in größerer oder auch 
in geringerer Weise damit eine Abänderung der bestehenden Preußischen 
Gesetzgebung verbunden sein müsse; im Gegentheil bin ich des Dafürhalteus, 
daß im Wesentlichen mit vielleicht geringen Abänderungen, vielleicht aber auch 
ohne Abänderungen die Uebertragung der Preußischen Militairgesetze auf das 
Bundesgebiet sich empfehlen wird. Allein einer Prlfung, meine Herren, 
muß das unterzogen werden, und dem Reichstage müssen diese Gesetze vor- 
gelegt werden, sonst kann er eine Prüfung derselben nicht vornehmen. Da 
uun das bislang nicht geschehen ist, bei der Kürze der Zeit, welche die Ar- 
beiten des Reichstags voraussichtlich noch erfordern würden, auch nicht mehr 
gescheheu kana, so bleibt nichts übrig, als zunächst die Preußische Militair- 
gesetzgebung pwar einzuführen, jedoch ihr nur einen provisorischen Charakter 
beizulegen, und in dieser Richtung ist der Autrag gestellt worden, den zu 
rechtsertigen ich mir hier erlaube. Nun fragt es sich freilich, auf wie lange 
soll dann ein solches Prooisorium erstreckt werden? Es ist unsere Meinung
	        
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