Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 57. Ahlmann. 327 
beben. Wenn es im burgerlichen Leben strafbar ist, falsche Eide abzulegen 
und Jemand zu salschem Eidablegen zu verleiten, so ist es eine sehr schwierige 
Sache darüber ein Urkheil zu fällen, ob es richtig ist, große Massen vom 
Bolke zum falschen Eidablegen zu verleiten. Diese Ablegung des Eides hat 
außerdem für die Bewohner schwere, tiefeingreifende, üble Folgen. Es ist 
anzunehmen, daß derjenige, der den Eid zu der Norddeutschen Fahne geleistet 
hat, wenn er spater sich des ihm nach dem Tractat noch offen stehenden 
Rechtes, in den sechs Jahren nach Dänemark auszuwandern, bediente, wahr- 
scheinlich als Deserteur behandelt und reclamirt werden würde. Bei der 
versprochenen eventuell noch bevorstehenden Abstimmung benimmt ihm eine 
solche Beeidigung vielleicht auch das Recht, als freier Mann aufzutreten und 
nach seiner Ueber#zugung abzustimmen. Wenn solchergestalt die große Masse 
der Reserven beeidigt würde, wenn ferner, wie es der Fall ist, der ganze 
Beamtenstand bel uns bie zum Nachtwächter und Postboten herab beeidigt 
worden ist, so folgt daraus, daß dann beinahe wohl die Hälfte der Abstim- 
mungsberechtigten beeidigt wäre und das würde wahrscheinlich die dereinst vor- 
kommende Abstimmung Über die Frage, zu welchem Lande sie gehören wollen, 
präjndiciren. Es ist in diesem Saale erwähnt worden, daß das Deutsche 
Bolk wegen seiner Humanität und wegen seiner Gerechtigkeit besonders ge- 
eignet wäre, mit anderrn Völkern zusammen zu leben und die Eigenschaft 
häte, daß andere Bölker sich gern an dasselbe anschlössen. Ich weih nicht, 
meine Herren, ob solche Vorgänge, wie sie jetzt in Schleswig passirt find, 
geeignet find, fremde Nationen anzuziehen. (Ruf: Zur Sache!) 
Prüsident. Ich will dem Herrn Redner die äußerste Freihelt in Be- 
gründung seines Amendements wegen der Wehrpflicht in Nordschleswig ge- 
wiß nicht verkümmern, er kann aber dadurch doch nicht ganz von der Pflicht 
befreit werden, bei der Sache zu bleiben. (Zustimmung.) 
IAUhlmanmn fortfahrend. Ich glaubte, daß dies zur Begründung des von 
mir gestellten Amendements gehöre. So viel ist gewiß, daß bei uns die Be- 
gebenheiten der letzten Jahre nicht geeignet gewesen sind, die beiden Natio- 
nalitäten gegen einander freundlicher zu stimmen. Es ist uns auch alles 
Recht, sowohl das juridische wie das moralische, abgesprochen worden. (Ruf: 
Zur Sache!) 
Präsident. Ich mache den Herrn Redner nochmals darauf aufmerksam, 
daß er sich an sein Amendement und dessen Begründung zu halten hat. 
Ahlmann fortfahrend. Es thut mir leid, daß mir das Wort genom- 
men wird zur Begründung meines Amendements. (Mehrrre Stimmen: 
Rein! Neinl) 
pPräsident. Das Wort ist Ihnen nicht genommen, es könnte Ihnen 
aber genommen werden.
	        
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