Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 60. Forckenbed. 365 
vdinzen Preußens etwas erleichtert, das schließe ich namentlich aus den An- 
führungen des Herrn Abgeordneten für Memel in der letzten Sitzung. Er 
hat uns nachgewiesen, dah bei der Zahl der gegenwärtigen Preußischen Armee 
in militairisch-technischer Möglichkeit das Höchste im vergangenen Kriege ge- 
leistet worden sei. Ich glaube von den Herren Bundescommissarien, daß 
sie, mit Rücksicht auf alle die Verhältnisse, welche als für die Gegenwart 
entschridend der Herr Kriegsminister von Roon angeführt hat und die ich 
als richtig anerkenne, dir Zahl so gegriffen haben, daß die höchste militairisch. 
technisch mögliche Leistung von dem Norddeutschen Bunde geleistet werden 
kann, daß also gerade im gegenwäctigen Augenblick bei der Bestimmung die- 
serFriedensziffer nur diese Rücksicht und hauptsächlich diese Rücksicht der 
äußern Sicherheit, weniger die Bedürfnisse der Volkswirthschaft und der 
Finanzen vorgewaltet haben. Meine Herren, diese Ziffer für alle Zukunft 
daher festgestellt, hiebe nach dem, was ich gesagt habe, für alle Zukunst die 
Militairexecutive von allen Bedürfnissen, von allen Ausorderungen dem vand- 
tage gegenlber befreien, es hieße — ich wiederhole es nochmals — die Ver- 
nichtung des Budgetrechts, wie wir es in der Preußischen Verfassung haben, 
für alle Zukunft hin, in seinen wesentlichsten Beziehungen. Ich kann mich 
von dieser Ueberzeugung nicht losfagen. Dagegen erkenne ich an, meine 
Herren, daß ein Uebergangsstadium nothwendig ist und stimme in Bezug auf 
die Regelung des Uebergangsftadiums, welches ich bis zum 31. Decem 
ber 1871 bewilligen möchte, allen den Motiven bei, welche der Herr Kriegs- 
minister für die Höhe der Ziffer angeführt hat. Ich glaube, daß ein folches 
Interimisticum nothwendig ist — und das erwiderr ich auch dem Abgeord- 
neten Duncker auf seinen Angriff, den er vorher gegen mich richtete, — weil 
mit der militairischen Organisation des Norddeutschen Bundes nicht gewartet 
werden kann, bis das Bundesmilitairgesetz fertig ist, daß eine Uebergangs- 
beftlimmung und zwar eine folche, welche die militalrischen Kräfte des ganzen 
Norddeutschen Bundes für längere Jahre streng zusammensaßt, wegen unferer 
äußeren Perhältnisse geboten ist. Ist dieselbe eine Nothwendigkeit, meine 
Herren, so muß die Frist auf der einen Seite so bemessen werden, daß die 
Länge derfelben nicht das Budgetrecht indirect aufhebt, auf der anderen Seite 
darf fie nicht zu kurz bemessen werden, da sonst die Bestimmung wirkungs- 
los seiu würde. Bei dem Vorfchlag, den ich Ihnen gemacht habe, nämlich die 
Perlode bis zum 31. December 1871 zu bemessen, sind zwel Rucksichten 
maßgebend gewesen: Erftens, daß die Frift ablaufe mit der Etatsperiode, die 
wir in Preußen haben, also mit dem 31. December eines Jahres; so- 
dann, daß dieses Interimisticum erft innerhalb der Legislaturperiode des 
zweiten Reichstages seine Endschaft erreicht. Die Frage der Bundeemilitair= 
gefetzgebung und die Frage der Feftftellung der Friedeuspräfenzstärke für fer- 
nere Zeiten soll nicht Gegenstand der Wahlagitation des ersten Reichstages 
sein. Der Reichstag, der zum zweiten Male 1870 gewählt werden wird, 
wird die Erfahrungen zu Rathe ziehen, die bei der gegenwärtigen Friedens-
	        
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