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vdinzen Preußens etwas erleichtert, das schließe ich namentlich aus den An-
führungen des Herrn Abgeordneten für Memel in der letzten Sitzung. Er
hat uns nachgewiesen, dah bei der Zahl der gegenwärtigen Preußischen Armee
in militairisch-technischer Möglichkeit das Höchste im vergangenen Kriege ge-
leistet worden sei. Ich glaube von den Herren Bundescommissarien, daß
sie, mit Rücksicht auf alle die Verhältnisse, welche als für die Gegenwart
entschridend der Herr Kriegsminister von Roon angeführt hat und die ich
als richtig anerkenne, dir Zahl so gegriffen haben, daß die höchste militairisch.
technisch mögliche Leistung von dem Norddeutschen Bunde geleistet werden
kann, daß also gerade im gegenwäctigen Augenblick bei der Bestimmung die-
serFriedensziffer nur diese Rücksicht und hauptsächlich diese Rücksicht der
äußern Sicherheit, weniger die Bedürfnisse der Volkswirthschaft und der
Finanzen vorgewaltet haben. Meine Herren, diese Ziffer für alle Zukunft
daher festgestellt, hiebe nach dem, was ich gesagt habe, für alle Zukunst die
Militairexecutive von allen Bedürfnissen, von allen Ausorderungen dem vand-
tage gegenlber befreien, es hieße — ich wiederhole es nochmals — die Ver-
nichtung des Budgetrechts, wie wir es in der Preußischen Verfassung haben,
für alle Zukunft hin, in seinen wesentlichsten Beziehungen. Ich kann mich
von dieser Ueberzeugung nicht losfagen. Dagegen erkenne ich an, meine
Herren, daß ein Uebergangsstadium nothwendig ist und stimme in Bezug auf
die Regelung des Uebergangsftadiums, welches ich bis zum 31. Decem
ber 1871 bewilligen möchte, allen den Motiven bei, welche der Herr Kriegs-
minister für die Höhe der Ziffer angeführt hat. Ich glaube, daß ein folches
Interimisticum nothwendig ist — und das erwiderr ich auch dem Abgeord-
neten Duncker auf seinen Angriff, den er vorher gegen mich richtete, — weil
mit der militairischen Organisation des Norddeutschen Bundes nicht gewartet
werden kann, bis das Bundesmilitairgesetz fertig ist, daß eine Uebergangs-
beftlimmung und zwar eine folche, welche die militalrischen Kräfte des ganzen
Norddeutschen Bundes für längere Jahre streng zusammensaßt, wegen unferer
äußeren Perhältnisse geboten ist. Ist dieselbe eine Nothwendigkeit, meine
Herren, so muß die Frist auf der einen Seite so bemessen werden, daß die
Länge derfelben nicht das Budgetrecht indirect aufhebt, auf der anderen Seite
darf fie nicht zu kurz bemessen werden, da sonst die Bestimmung wirkungs-
los seiu würde. Bei dem Vorfchlag, den ich Ihnen gemacht habe, nämlich die
Perlode bis zum 31. December 1871 zu bemessen, sind zwel Rucksichten
maßgebend gewesen: Erftens, daß die Frift ablaufe mit der Etatsperiode, die
wir in Preußen haben, also mit dem 31. December eines Jahres; so-
dann, daß dieses Interimisticum erft innerhalb der Legislaturperiode des
zweiten Reichstages seine Endschaft erreicht. Die Frage der Bundeemilitair=
gefetzgebung und die Frage der Feftftellung der Friedeuspräfenzstärke für fer-
nere Zeiten soll nicht Gegenstand der Wahlagitation des ersten Reichstages
sein. Der Reichstag, der zum zweiten Male 1870 gewählt werden wird,
wird die Erfahrungen zu Rathe ziehen, die bei der gegenwärtigen Friedens-