Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 60. Roon. 369 
Friedensprasenz bestimmt wird nach diesfer Verhältnißzahl, die entnommen ist 
der Bevölkerung von 1867. Der folgende Satz: „Bei wachsender Bevölle- 
rung wird nach je 10 Jahren ein anderweitiger Procentsatz sestgesetzt wer- 
den.“ entbehrt, wie ich von befreundeter Seite bedeutet worden bin, vielleicht 
der nothwendigen Deutlichkeit. Wie er aber gemeint ist, kann ich mit zwei 
Worten sagen. Bei wachsender Bevölkerung wird nach je 10 Jahren ein 
anderweitiger Procentsatz der alsdann bestehenden Bevölkerung sestge- 
setzt werden. So ist die Sache gemeint und keineswegs ist dabei gedacht an 
eine flrirte Zahl, die für alle Zeiten bestehen sollte. Ich habe bei meimm 
Vortrage von vorhin ausdrlcklich hervorgehoben, daß ich vermuthe, diese 
Ziffer von 300,000 Mann werde auch bei wachsender Bevölkerung und bei 
unveränderter politischer Situation genllgen, um für die Ausbildung der 
Nation in den Waffen zu den Friedenszelten auszureichen; aber ich habe 
keineswegs gesagt, daß das eine unveränderliche Ziffer sei für alle Zeiten. 
Wenn die goldenen Zeiten einbrechen, von denen der Vorredner vielleicht 
träumt (Murren links), wenn die Zeiten elnbrechen, wo Jedermann ver- 
nünftig ist, Niemand mehr da ist, der Streit sucht, wo Jedermann sich sreut, 
wenn der Nachbar in Glück und Segen lebt, wenn diese Zeiten einbrechen, 
dann werden wir vielleicht die Friedensziffer sehr bedeutend heruntersetzen 
können, bis dahin aber immer daflr sorgen müssen, daß wir im Stande 
find, das Schwert zu gebrauchen, was uns Gott der Herr in die Hand ge- 
geben hat zu unserer Vertheidigung, um für unsere Ehre und Selbstständig- 
keit einzustehen. Das kann aber nicht geschehen durch Festsetzungen, die un 
preichend sind, die den Zweck nicht ersüllen. Ich habe schon bei früherer 
Gelegeuheit es ausdrücklich hervorgehoben, daß das Halten einer unzuläug- 
lichen Armee, sei es in qualitativer sei es in quantitativer Beziehung, eiue 
Berschwendung ist. Wenn wir dem Volke gegenüber ein gutes Gewissen 
behalten wollen bei den Bewilligungen, die wir von ihm verlangen, und die 
wir in seinem Namen leisten, dann müssen wir die Ueberzeugung in uns 
tragen, daß das von une Beschlossene zu seinem Heile und seinem Nutzen 
Freicht, und daß es für seine Ehre und seine Selbstständigkeit unerläßlich 
ist. Das wird der Fall sein, wenn wir die Ziffer in der vorgeschlagenen 
Weise wenigstens für eine Reihe von Jahren, die hier auf zehn bestimmt ist, 
bewilligen. Eine wechselnde Bewilligung von Jahr zu Jahr, wie sie in 
Tuesicht genommen ist in dem zweiten Theile des Amendememe des Herrn 
von Forckenbeck?), kann ich eben um deswillen nicht für zulässig erachten. Ich 
habe schon vorher darauf hingewiesen, daß die Friction in einem Bundes- 
staat offenbar eine sehr vermehrte ist. Es handelt sich nicht mehr darum, 
lediglich wie in einem Einheitsstaat, daß die Regierung für sich schlüssig wird 
Über das, was sie zu verlangen hat für die militalrischen Zwecke, sondern es 
handelt sich hier um die Vereinigung von 22 Regierungen. Wenn das alle 
Jahre geschehen soll, und alle Jahre Voranschläge vereinbart werden sollen 
S. oben S. 351 Zifl. 3. 
MNatertallen, I1 24
	        
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