380 Bundeskriegswesen.
formation überzeugt; technisch und finanziell ist es unmöglich, im gegenwär-
tigen Augenblick ein genau detaillirtes Bundesmilitärbudget vorzulegen. In
Ermangelung eines solchen mlssen wir uns denn eben in dieses Provisorium
sügen. Man hat uns gesagt: die gefahrdrohende politische Constellation
ist nur vorübergehend, und wenn wir eine Verwilligung auf sieben Jahre
machen, so proelamirten wir auf sieben Jahre die Kriegsgesahr und desor-
ganifirten die Industrie und die sonstigen wirthschaftlichen Arbeiten. Das
bestreite ich unter allen Umständen. Wir proclamiren nicht die Kriegsgefahr,
sondern wir geben der Regierung und der Militärverfassung diejenige Spanne
Zeit, welche sie unumgänglich nöthlg hat, um das Werk der Orgcmisation
und Consolidation zu vollenden, und nur durch die Vollendung und Stabi-
lisirung dieses Werkes wird die Gesahr der siebenjährigen Kriegsperlode ent-
sernt und verscheucht werden. (Sehr richtig! rechts.) Wenn man sich auf
die Leiden der Industrie berusen hat — nun, wir haben gewih dafür alle das
aufrichtigste Mitgesühl; aber ich glaube, dle Industrie wird uns dankbar
sein, wenn wir durch Consolidirung öffentlicher Zustände und der Kriegs-
verfassung ihr die Zukunst sichern und ihr dadurch die Möglichkeit geben,
daß sie sich im Innern frei und ungestört entwickeln kann, d. h. die Gewiß-
heit gewähren, daß wir sie gegen außen schützen. (Sehr richtig!) Denn ehe
der Staat, ehe die bürgerliche Gesellschast sich im Innern entwickeln kann,
muß sie zuvor durch jene mächtige Assecuranz, von der wir eben handeln,
und die ihre Prämie sordert, wie jede andere Assecuranzanstalt, — an Geld
und Blut es muß, — durch diese mächtige Assecuranzanstalt, die man die Armee
nennt, das Jnnere, die bürgerliche Gesellschaft, die wirthschaftliche Bewegung
gesichert sein, daß nicht jeden Tag ein Einbruch fremder Horden von aus-
wärts stattfindet. (Bravol Bravol) Ich erinnere Sie, meine Herren, an
ein warnendes Exempel. Wir haben das im Laufe der Deutschen Ge-
schichte oft erlebt. Oft hat das Deutsche Reichsoberhaupt die Reichs-
stände ausgerusen um Beistand mit Mannschaft und Geld. Oft
haben die Reichsstände mit dem Kaiser um jeden Mann und jeden
Pfennig proceßt, und so lange proceßt, bis der Reichsseind ein-
gerückt war und das Zehnfache und Hundertfache an Mannschaft
und Capital weggenommen hat. (Stürmisches Bravol) Wir
können nicht zu unsern Reichsfeinden sagen: Warten Sie ge-
fälligst, meine Herren, bis wir mit Allem fertig sind! Warten Sie noch
drei oder vier Jahre, wir rlisten ja, seien Sie nicht unmenschlich! Es wäre
ja gegen allen Comment, wenn Sie da ohne irgend eine höfliche An-
klindigung über uns hereinfielen. (Große Heiterkeit.) Wer seiner natio-
nalen Existenz sicher sein will, darf den Rathschlag nicht vergessen: Si vis
pacem, para bellum, und wer diese Vorsichtsmaßregel unterläßt, macht
sich aus Nachbarn Feinde und provocirt diese Feinde zum Angriff. Und
was gäbe es denn, wenn wir mit der Bundeemilitärverfaossung Uberhaupt
gar nicht zum Abschluß kämen? Es liegt uns ein Vertrag der Regierungen