Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

382 Bundeekriegswesen. 
einfach die gan ze Preußische Milltairgesetzgebung und alle in 
Preußen bestehenden militatrischen Einrichtungen anzunehmen 
und in sämmtlichen Bundesländern einzu führen. Eine künftige 
Codiflcation ist auch in meinen Augen ein dringendes Bedürfniß. 
Ich glaube, dieses Bedurfniß wird sich auch für die Militairver wal. 
tung selbst herausstellen und dieses Bedürfniß wird dringender werden, 
wenn die jetzige Militairgesetzgebung mit dem ganzen Wust der seit Jahr- 
zehnten erlassenen zum Theil sich abändernden Verordnungen, Instructionen 
und Rescripten in den neuen Ländern eingeführt und den nicht an die 
Handhabung derselben gewöhnten Beamten Übergeben werden soll. 
Ich glaube daher, der Zusatz, welchen Herr von Forckenbeck in seinem 
Amendement vorschlägt und welcher eine bloße Verheißung auf ein künf- 
tiges Bundesmilitairgesetz enthält, ist nicht von übermäßlger Wichtig- 
kelt. Denn es versteht sich von selbst, daß die bisherigen Gesetze 
gelten, bis ein anderes Gesetz zu Stande kommt. Aber ich meine, 
als Erinnerung daran, daß die Codification ein dringendes Be- 
dür fniß Iist, können wir auch unbedenklich einem solchen Zusage 
zustimmen. Er untrrscheidet sich darin wesentlich von dem Antrage, wel- 
chen gestern die Herren Erxleben und Windthorst einbrachten, welche die 
Militairgesetzgebung nur bis zum Jahre 1871 gelten lassen wollten und wo 
dann mit Recht die Frage aufgeworfen wurde, wenn aber bis zum Jahre 
1871 keine neuen Gesetze zu Stande lommen, was dann? Das Amendement, 
welches Herr Freiherr von Moltke stellte, versteht sich von selbst für jedes 
Gesetz, welches nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Reihe von Jahren er- 
lassen ist. Nehmen wir heute die ganze Preußische Militairgesetzgebung an, 
ohne Beschränkung auf eine bestimmte Frist, so gilt sie allerdings, bis ein 
neues Gesetz zu Stande kommt. Aber, wie gesagt, es ist in meinen Augen 
nichts Anderes möglich, als die Annahme, trotz der schweren Bedenken, die 
ich den Herren, welche die Gesetzgebung nicht kennen, unumwunden einräu- 
men muß. Wir können nicht anders zu einer Bundeskriegsverfassung, wir 
können nicht anders zu einer wirklich brauchbaren Bundesarmee kommen, 
und darum halte ich es für unumgänglich nothwendig, den Artikel 57 des 
Entwurfs anzunehmen. (Bravol) 
Dr. Wigard (Dresden).“) Ich stehe nicht auf dem Boden des 
Vertrauens, wie der Herr Vorredner, und glaube auch nicht, daß dies 
der Boden sei, auf den sich ein Abgeordneter zu stellen hat. Ihm liegt es 
vielmehr ob, für Garantien zu sorgen, die das Vertrauen unnöthig machen. 
Was num die Sache selbst betrifft, so hat der erste Redner, der nach 
mir und gegen mich sprach, gerade genugsam in seiner Rede bewiesen, 
wie mißlich es mit der Annahme dieses Artikels sei, indem er 
*) St. Ber. S. 584.
	        
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