Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

406 Bundeekriegewesen. 
gedeihen erst Ihre mercantilen Geschäfte und Ihr Geldmachen 
(Lebhafter Beifall rechts und im Centrum); vorher nicht! Soll 
ich aber nun weiler daran erinnern, meine Herren, wie denn überhaupt eine 
Armee productiv für ihr Land wirkt? Ist denn die Erinnerung an das ver- 
gangene Jahr schon ganz erloschen? Liegt denn die Zeil so weit hinter uns, 
daß das gerechtfertigt ist? Und ist denn das Alles vergessen, was Sie da- 
mals empfunden haben? — Meine Herren, ich besinne mich sehr wohl, wie 
ich mit den Truppen aus Böhmen über die Schlesische Grenze ging. Den 
ersten Schritt that ich gewissermaßen auf die Domaine des Herrn Abgeord- 
neten für Waldenburg. Mir ist noch ganz gegenwärtig der Jubel, die 
Freude, womit wir empfangen wurden; man war nur Freude, nur Jubel. 
Und — ich sage es dazu, weil es das Beglückendste mir damals war — es 
war nicht bloß ein Jubel und eine Freude, es war auch ein inniges Dank-= 
gesühll, meine Herren (Bravol): ein Dankgefühl so, wie ich es im Volke 
noch nie erlebt habe (Bravol) — nud das war das Erhebende für uns. Die 
Armee hat keinen Dank erwartet, sie verlangt auch keinen Dank, die Armee 
thut zu allen Zeiten ihre Schuldigkeit. Sie aber ehrte das damals, daß Sie 
nicht bloß glücklich waren, sondern daß Sie dankbar waren. Aber soll es 
Sie for: und sort ehren, dann bewahren Sie fsich auch dies damals 
gehabte Gefühl, und vergessen Sie nicht, daß, wenn Gott uns 
gesegnet hat, er auch das Mittel, welches er gebraucht, worauf 
er selnen Segen gelegt hat, Ihrer Fürsorge gewissermaßen em- 
pfohlen hat! (Lebhaftes Bravo rechts.) Man konnte damals nicht 
genug aussprechen, wie man sich bewuht war, wie dann, wenn unser Gegner 
gesiegt hätte, weun er hätte aus#flühren können, was er sich zum Zweck ge- 
macht, — eine theuere Rückerinnerung in unserem blühenden Lande zu hinter- 
lassen —, wenn ihm das möglich geworden wäre, wie dann unser Land ans- 
gesehen haben würde! Man sprach ganz wörtlich von den zertretenen Fluren, 
die man in diesem reich gesegneten Schlesien gesehen haben würde, man fühlte, 
man erkannte an, daß die Ortschaften niedergebrannt, die Fabriken zerstört, 
der Wohlstand für lange, lange Zeiten vernichtet worden sein würde. Ich 
will den Gedanken nicht ausdenken, was sich daran noch Alles geschlossen 
haben würde. Wenn wir also unglücklich in unseren Mutterstaat, möchte ich 
sagen, hätten zurlckkehren müssen, was würde uns von diesem Mutterslaate 
geblieben sein? Hätten wir heute noch Schlesien? Hätten unsere Deutschen 
Brüder sich nicht auch an uns bercichert? Wären wir nicht auf die Grenzen 
der Markgrafen von Brandenburg vielleicht zurückgedrängt worden? — Und 
das nennen Sie unproductiv? (Heiterkeit und Bravol) Das lumpige Geld, 
was Sie auf die Armee verwenden, hätte, sollte ich meinen, Interessen ge- 
tragen, und nicht allein Interessen, auch Capitalien eingebracht, denn jede 
dieser Provinzen, die wir oerloren haben würden, wiegt cin bedentendes Ca- 
pital und sortlausende Zinsen, und der Wohlstand des ganzen Landes, der 
ruinirt worden wäre, ist hoch anzuschlagen, wie Alles, — was ich nicht aus-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.