Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

408 Bundeskriegsweseu. 
Daß ich dem geehrten Herru Vorredner, dem berühmten Kümpfer auf den 
Schlachtfeldern von Bohmen, hier jetzt auf der Tribüne folge und genöthigt 
bin, ihm in manchen Punkten entgegenzutreten, das bedaure ich 
sehr. Es freut mich nur, daß alle die Vorwürse, die er anscheinend gegen 
manche Mitglieder dieses Hauses erhoben hat, mich nicht treffen, da ich als 
ein nen dem Preußischen Staate angeschlossener Bürger keinen Theil genom- 
men habe an dem bisherigen Streite, der zwischen der Militairverwaltung 
und der Landesvertretung geherrscht hat, und daß ich nun deshalb glaube, 
etwas objicetiver die Verhältnisse zu übersehen, als es vielleicht der gerhrte 
Herr Vorredner thut und auch wohl viele seiner Gegner. Meine Herren, 
ich zweifle nicht daran, Niemand in diesem Saale wird einen 
Schatten werfen auf die Ehre der Prenßischen Armeez; ich glaube, 
daß Jeder unter uns für ihre Ehre ebenso bercit wäre die Opfer zu brin- 
gen, die die Armce selbst gebracht hat. Aber, meine Herren, auf der 
andern Seite läßt sich anch nicht verkennen, daß man die Armee- 
einrichtung nicht von einem ganz einseitigen Standpunkte aus 
beurtheilen darf. Wer ein Herz hat für die Größe und Macht 
der Nation, des Vaterlandes und jetzt des Norddeutschen Bundes, der 
wird nun nimmer dieersorderlichen Mittel verweigern, die noth- 
wendig sind, um diese Macht zu erhalten. Er wird sich aber nicht ver- 
hehlen, daß es eine Grenze giebt zwischen demjenigen, was nothwendig 
und nützlich ist, und demjenigen, was entbehrt werden kann. Wenn 
der geehrte Herr Vorredner uns zuvörderst die Productivität der Armee 
darzulegen versucht hat, so wird auch wieder Niemand unter une sein, 
der von einem gewissen Standpunkte aus nicht jede Einrichtung des 
Staates, die zum Schutze dient, z. B. die Gerichte ebensogut wie 
die Armee, ebenfalls für eine in gewisser Hinsicht productive Ein- 
richtung hält; aber die Folgerungen, meine Herren, die der Herr 
Vorredner daraus gezogen hat, so wie seine Gründe, die können 
gewiß Viele von uns nicht anerkennen. Ich unterlasse es, ihm auf 
das wirthschastliche und finanzielle Gebiet zu folgen. Wenn ich unbedingt 
anerkenne, daß ich ihm in der Führung auf dem Schlachtfclde unbedingt fol- 
gen würde, so wird er mir vielleicht auch zugestehen, daß auf diesen beiden 
Gebieten es vielleicht zweckmäßig wäre, wenn er sich da uuserer Führung 
(Widerspruch rechts, Beifall linke), — wenn er sich anf diesen Gebieten der 
Führung Derjenigen, die Volkswirthschaft getrichen haben, anvertraute. (Wider- 
spruch rechts, Beifall links.) Ich sage dies: auf diesen Gebieten, gewiß 
mit Recht. Auch die Aeuberung, die der geehrte Herr Vorredner über Con-= 
stitutionalismus und finanziellc Verhältnisse gemacht hat, beweisen, glaube ich, 
eine einseiltige Auffassung. Ich will aber mit dem geehrten Herrn darüber 
nicht weiter rechten, wir Alle erkennen seine Verdienste um das Vaterland, 
und wir haben Ursache, wie wir das auch gethan haben, in Schweigen das 
anzuhören, was er gesagt hat, wenn wir auch nicht mit Allem einverstanden
	        
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