Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

410 Bundeskriegswesen. 
verbrannt haben, auch zu größerer Vorsicht gemahnt werden? Ee ist hber- 
haupt gegen alle Grundsätze der Psychologie, gegen alle Erfahrungen der 
Geschichte, daß derselbe Fehler, der im politischen Leben große Inconvenienzen 
mit nachtheiligen Folgen hervorgerusen hat, auf demselben Gebiete wiederholt 
werde, und ich glaube, wenn irgend auf einem Gebiete die verschirdenen Ge- 
walten des Staates, die Factoren, die an der Gesetzgebung Theil zu nehmen 
haben, sich hüten werden, irgend einen Conflict hervorzurufen, sich hüten 
werden, Compromisse, woraus alles Staatsleben bernht, abzulehnen, so wird 
es aus diesem Gebicte sein. Ich glaube daher, daß keine Veraulassung dazu 
vorliegt, irgeud in dieser Beziehung Vorsorge zu treffen, namentlich keine 
Veranlassung vorliegt, solche Vorsorge zu tressen, wie sie nach den Artikeln 
56 und 58 des Versassungsentwurfs getroffen ist. Ja, meine Herren, wenn 
ich nicht irre, erkannte selbst der Herr Kriegeminister an, daß das Pausch- 
quantum für eine Armee und Verwaltung ein ganz bedenkliches Institut sei. 
Dieses bedenkliche Institut, das sollen wir nun nicht auf Zeit, wie das die 
von Forckenbeck'schen von mir unterstltzten Anträge auch wollen und zwar 
auf eine ziemlich geraume Zeit, — das sollen wir nicht auf Zeit, sondern 
verfassungsmäßig dauernd einrichten. Meine Herren, das ist jedenfalls 
bedenklich. Wenn diese Einrichtung eines Pauschquantums aber für eine 
Verwaltung mangelhaft ist, so dars man sie gewiß nicht zur verfassungs- 
mäbigen Institution machen. Ekwas Weiteres wollen die von Forckenbeck- 
schen, von mir unterstützten Anträge nicht verhindern: sie bewilligen 1 Pro- 
cent der Bevölkerung pro 1867 als Friedenusstärke der Armee für eine 
nicht geringe Zeit als nothwendig unter den jetzigen Verhöltnissen, sie 
bewllligen die Mittel, uin diese Friedensstärke der Armee zu erhalten, ganz 
ungeschmälert; sie wollen nur, daß nach Ablausf dieser 4—5 Jahre der Volls- 
vertretung auch ein Wort gegönnt werden möge, dab man mit ihr zu ver- 
handeln habe, ob dennoch ferner diese Mittel in voller Ausdehnung noth- 
wendig sind, oder ob man nach der einen oder auderen Rücksicht hin Refor- 
men und Ersparungen eintreten lassen konne. Ja, meine Herren, die ganze 
Einrichtung ist an sich eine eigenthlmliche und bedenkliche mit diesem Pausch- 
quantum: Sie müssen mir zugeben, daß damit die Militairverwaltung, der 
wichtigste Verwaltungszweig im Staate — denn er verschlingt fast die Hälfte 
aller Netto-Einnahmen des Staates — gewissermaßen für sich coustituirt 
wilrd, und daß die Ablösung dieses Verwaltungszweiges aus der gesammten 
Staatsverwaltung, die eine einheitliche sein soll, etwas durchaus Eigenthlm-= 
liches, Exorbitantes, und höchst Bedenkliches ist. Ich glaube kaum, meine 
Herren, daß es einen Staat unter so glücklichen Verhältnissen giebt, daß er 
die Mittel hat, um alle Bedürfuisse aller Staatsdienstzweige zu ersüllen. 
Die nothwendige Folge von dem Mangel der Mittel ist, daß man in dem 
einen Jahr diesen Staatszweig, in dem anderen jenen durch Mittel bedenkt, 
daß man heute die Armec, wenn es nach Krieg aussieht oder der Krieg be- 
reits geführt werden soll, besonders bevorzugt und daß man morgen Schulen
	        
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