Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

414 Bundeskriegswesen. 
schaften durch Vermehrung der Cadres der Armee, das Zurücktreten 
der Landwehr nach den Principien, die gerade der große Schaorn- 
horst und Boyen ihr vorgezeichnet hatten, dah sie nicht in erster 
Linie mit in's Feld rücken, sondern hinter der stehenden Armee als Re- 
serve bleiben sollte, die Reductlon der Dlenstpslicht der Landwehr, 
indem man der jlngeren Mannschaft einen erheblicheren Theil zuwandte, um 
die älteren verheiratheten Maunschaften zu schonen, das sind, meiner An- 
sicht nach, die großen Principien der Reorganssation, die ich 
niemals bekämpft, sondern olelmehr auf das Wärmste unterstützt 
habe. Ich verweise auf Alles dasjenige, was ich darüber im Abgeord- 
netenhause in verschiedenen Jahren vielfach gesprochen habe. Meine Op- 
position betraf einen ganz an deren Punkt, allein die zweijährige Dienst-- 
zeit, die Abschaffung der gesetzlichen, dreijährigen Dlenstzeit zu 
Gunsten der Einführung der zweijährigen. Meine Herren, über 
diese Difserenz sage ich nichts weiter. Wie ich jetzt zu der Sache stehe, habe 
ich allen denjenigen Herren, die mich gestern citirt haben, bereits in's Ange- 
sicht gesagt bei unserm letzten Zusammensein im Abgeordnetenhause. Ich 
würde es außer der Sache halten, heute das hier zu wiederholen und um so 
mehr, als dies Hohe Haus in Überwiegender Mojorität einschließlich zwar 
Märnner, die zu dieser Frage vielleicht noch entschiedener gestanden haben, 
als ich, durch sein gestriges Votum die dreijährige Dienstzeit und die vier- 
jährige Reservezeit genehmigt hat. Also liegt dieser Punkt jetzt außerhalb 
der Frage. Wenn es sich um den heutigen Gegenstand handelt, glaube 
ich, concentrirt sich Alles darauf, ob das Amendement Moltke 
heute angenommen werden soll oder nicht, und dagegen hat, wie 
ich glaube, das Mitglied für Harburg heute wesentlich gesprochen. 
Ich begrüße ihn als Gesinnungegenossen, ich acceptire die Worte, 
mit denen er die Tribüne verließ; bedaure aber um so mehr, mich 
seiner Argumentation nicht anschließen zu können. Ich glaube, 
der wesentlichste Punkt ist besonders im Bundesstaate, dleser so compli- 
cirten Maschinerie, welche wir zu errichten haben, daß man gewissen In- 
stituntionen einen besonders festen Charakter und eine Stetigkeit verleiht, 
ohne welche die Existenz dieses Staates in Frage gestellt ist. Ale solche 
betrachte ich vor Allem den Schut gegen die zahlreichen Feinde, welche unser 
neues Werk hat, und nicht blos für kurze Jahre, wie der Herr Abgeordncte 
für Wolmirstädt in seinem gestrigen Amendement für den Bundesstaat ein- 
räumt, sondern die er behalten wird nach meiner innigen Ueberzeugung, 
so lange wir Nachbarn in Europa haben, die mit uns wetteisern, und auf 
die Stelle Anspruch machen, die wir ihnen jetzt streitig machen, — auf die vor- 
wicgende Macht in Europa. Wir dürfen nicht läugnen, sofern wir Selbstge- 
fühl haben, daß, sobald nomentlich der Süden hinzugetreten sein wird, was 
doch nur eine Frage der Zeit ist, Deutschland die prädominirende Macht 
in Europa sein wird nach Osten und Westen, und daß dann eintreten wird,
	        
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