420 Bundeskriegewesen.
Vertheidigung mit Überuahm, und daß sie in dem behaglicheu Stillleben, wie
sie es bis jetzt geführt haben, nicht sortträumen, sondern in dem Wesentlich-
sten, was ein Volk auszeichnet, mit uus die Selbstvertheidigung ihres Bo.
dens, ihrer Ehre und ihrer Interessen theilen werden. Darin liegt also in
keiner Weise eine Vermehrung, die irgend Jemanden abschrecken könnte, die-
jenige Ziffer zu beschliehen, welche in Prcußen bisher gegolten und meiner
Ansicht nach durch die Ereignisse des vorigen Jahres sich glängend bewähr
hat. Wie dald ähuliche Ereiguisse beoorstehen, das wissen wir nicht. Am
meisten hat es mich überrascht, daß in dieser Beziehung, ich möchte sagen,
unserem eigenen Patriotlsmus Schranken gesetzt werden sollen von Seiten
derjeuigen Herreu, die neulich mit lebhafter Wärme die Interpellation des
verehrten Milgliedes für den 19. Haunöverschen Wahlbezirk unterstltzt haben.
Denn es kommt doch nicht blos darauf an, daß wir dem Auslande zeigen,
daß wir im nächsten Jahre gerlstet sind gegen jeden Angriff, sondern
wir wollen zeigen, daß wir für immer gerüstet sind, und wir wollen Nie-
mandem auch nur den leisesten Zweisel lassen, daß in dieser Beziehung zwi-
schen der Volkevertretung uud den Deutschen Regierungen irgend jemals ein
Zwiespalt entstehen könnte. (Bravol) Ich mache auch noch auf Eine auf-
merksam. Das Weseutlichste, — wie gestern schon von dem Herrn Bundescom-
missarius, dem Herru Kriegsminister angedeutet worden ist. — das Wesentlichste
für unser gauzes Wehrsystem ist das, daß die Leute, die späterhin 12 Jahre
der Armee angehören sollen, incl. der fünfjährigen Laudwehrperiode, gchörig
für dies Militärwerhältuiß vorbereitct werden, daß in jedem Augenblick die-
jeuige Präseuzzahl zu den Wassen gerufen wird, die jedes Jahr nothwendig
ist, um diesen zwölsjährigen Rahmen auszufüllen. Lassen Sie daher durch
einen anderweitigen Beschluß des Rcichstages in einem künftigen Jahre in
diesen Ziffern ein Deficit zu, so wirkt dies nicht allein sur das eine Jahr,
sondern es wirkt für die ganzen zwölf Zahre im Voraus, und damit er-
schüttern Sie das ganze Wehrsystem. Ich glaube, auch in dleser Bezichung
hätte das geehrte Mitglied für Wolmirstädt sich berichtigen können; und
weun er namentlich volkswirthschaftliche Betrachtungen hier anstellt, weun er
sagte, wir lönnten weder die zukünftige Lage von Europa noch die jeweiligen
volkswirthschaftlichen Juteressen voraussehen, so, glaube ich, wird cr mir als
kundiger Nationalölonom darin beistimmen — man braucht nicht einmal
Nationalökonom zu sein, soudern nur ein einfacher Arithmetiker, um den
Satz zu verstchen —, daß nut dem Wachseu der Bevölkerung (uud davon
ist doch Überhaupt nur die Rede) sich nothweudig auch der Procentsatz der
Militärlast successive vermindern muß, und damit die Lasten für das Volk
überhaupt sich vermindern. Ich möchte vielmehr umgekehrt argumeutiren —
ich gehöre allerdinge zu den Ketzern, von denen der Herr Bundescommissar
für das Kriegewesen gestern gesprochen hat, die diese Bestimmung über das
Kriegswesen in der Regieruugsvorlage anders aufgefaßt hatten — ich meinte,
um diesen Rahmen für die Wehrfähigkeit zu sichern, um ihn für immer zu