Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

432 Bundeslriegswesen. 
Der Antrag selbst beruht nun auf der nothwendigen Zusammen- 
gehörigkeit von Normalbudget und Revision des Normalbudgets 
nach längeren Zeiträumen. Wie nothwendig Beides zusammengehbrt, 
wird recht deutlich bewiesen durch die Ausbildung, die das Budgetrecht in 
den mitteldeutschen Staaten gefunden hat. Man glaubt auch dort 
im Besitze des vollen Budgetrechts zu sein und man täuscht sich 
darin nicht. Man ist wirklich im Besitz des vollen Budgetrechts, und 
doch hat sich überall ein gewisses, feststehendes Normalbudget 
ausgebildet, das zwar von Finanzperiade zu Finau periode von Neuem zu 
bewilligen ist, das aber theils nach ungeschriebenen, theils auch nach geschrie- 
benem Rechte immer wieder zu bewilligen ist; nur was darüber hinaus geht, 
kann verweigert werden. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel anführen. In 
einem mitteldeutschen Staate wurde die Verfassung im Jahre 1820 gegrün. 
det. Selbstoerständlich gewährte sie den Kammern das Budgetrecht, das Recht, 
die Ausgaben des Staates zu bewilligen. Alsbald entstand der Conflict, der 
überall nathwendig entstehen muß, wo solche Verhältnisse neu gegründet wer- 
den, und der gar nicht ausbleiben kann. Die Stände sagten: wir wollen 
nicht, daß etwas ausgegeben werde, was wir nicht bewilligt haben; die Re- 
gierung sagte: wenn das zur Fortführung der Regicrung absolut Erforder- 
liche nicht bewilligt wird, so kann darum die Regierung nicht still stehen. 
Da haben Sie den alten und immer neuen Conflict. Es giebt auf diesem 
Gebiete viele Wege, auf denen man aus einander kommen kann, es giebt 
aber ganz gewiß nur einen Weg, auf dem man wieder zusammen kommen 
kann, und dieser Weg besteht darin, daß ausgemittelt wird, worin denn das 
zur Fortführung der Regierung absolut Erforderliche bestehe, und daß nun, 
wie es ja im Begriffe eines Compromisses liegt, beide Theile sich beschränken, 
— die Regierung darin, daß sie nicht mehr als das absolut Erforderliche 
verlangt, und die Abgeordneten darin, dah sie anerkennen, daß das absolut 
Erfarderliche, als Normalbudget, als feste Etats, oder welchen Namen für 
dieselbe Sache man wählen will, von Finanzperiade zu Fiuanzperiode wieder 
zu bewilligen sei und nur das darüber Hinausgehende verweigert werden könne. 
Dieser Weg wurde dort eingeschlagen; ein feststehendes Normalbudget in Civil- 
und Militärverwaltung wurde verabredet, von welchein nur unter beiderseitiger 
Zustimmung abgegangen werden kann. Die Folge war aber die, daß sehr 
bald und seitdem sehr oft, mit seltenen Ausnahmen, die Abgeordneten aller 
Parteien erkannt haben, daß nichts hätte geschehen können, was mehr in 
ihrem eigenen IJnteresse gewesen wäre, als gerade dieses Uebereinkommen. 
Deun nur dadurch wird es möglich, etwaigen Ueberschreitungen der Regierung 
mit entschiedenem Erfalge entgegenjutreten. Damit aber diese Verhältnisse 
nicht durch Stabilität zu leiden ansangen, was ja sa leicht nach mehr als 
einer Seite hin möglich ist, ist entweder stillschwelgend, wie es dort in den 
meisten Staaten geschah, oder ausdriücklich ein Termin zu bestimmen, nach 
welchem eine Rcoision einzutreten habe. Den Termin zu greifen, ist cine
	        
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