Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikd 69—73. Scherer. 471 
können werden, hier nochmals auf die Bundeskriegsversassung, resp. auf die 
Finanzen, die der Bundeskriegsverfassung zu Grunde zu legen sind, zurlick- 
zukommen. Es ist bei der Discussion über die Bundeskriegsversassung von 
verschiedenen Herren, die früher die Reorganisation bekämpft haben, laut aus- 
gesprochen worden, daß sie dieselbe nunmehr anerkennen, daß sie dieselbe fest 
und unerschütterlich der künfilgen Heeresverfassung zu Grunde gelegt wissen 
wollen. Dieselben Herren haben weiter ausgeführt, daß wenn der Etat für 
die Bundeskriegsverfassung jährlich festgestellt wird, und selbst in dem Fall, 
daß eine Uebereinkunft zwischen den Bundesreglerungen und dem Reilchetag 
nicht zu Stande kommt, — dann darf kein Vacuum entstehen, sondern indem 
die sämmtlichen Gesetze, auf denen die Heeresorganisation beruhe, in Kraft 
bleiben, es sich denn doch immer nur um eine unwesentliche Disserenz han- 
deln könne. Es haben ferner dieselben Herren erklärt, daß gerade die Bundes- 
kriegsverfassung der wesentlichste und wichtigste Theil des ganzen Versassungs= 
werkes sei. Nun, meine Herren, wenn dem so ist, wenn also nach Ihrer 
eigenen Auffassung eigentlich der Spielraum, um den sich sowohl — um 
das hier wieder beiläufig anzusühren — die Friedensprüsenzstärke, als die 
Ausgaben für das Kriegswesen bewegen, gewissermaßen nur ein wesentlicher 
ist, warum wollen Sie denn nicht diesen wesentlichsten und wichtigsten Theil 
der Verfassung auf unerschütterlichen Grundlagen seststellen, warum wollen 
Sie, ich will nicht sagen die Existenz, aber doch die Krast und Stärke des 
Bundesheeres auf diese Weise Schwankungen aussetzen? Ich glaube, meine 
Herren, daß Sie bereit sein sollten und müßten, in dleser Beziehung unserm 
Princip die Concession zu machen, daß Sie die Ausgaben für das Bundes- 
kriegswesen auch nach der Periode, die Sie frllher bestimmt haben, fortbe- 
stehen lassen, wenn nicht im Wege der Bundesgesetzgebung darüber eine auder- 
weitige Vereinbarung zu Stande kommt. Meine Herren, es ist früher hier 
gesagt worden, es würden die Conflicte, wie wir sie in Preußen in der 
jüngsten Zeit erlebt haben, nicht wiederkehren. Allein wenn auch von jenen 
Herren, die sich jetzt zu dieser Ausicht bekehrt haben, die während sie früher 
die heftigsten Geguer der Reorganlsation waren, nunmehr dieselbe als heil- 
sam anerkennen, erwartet werden kann, daß sie künftighin auf demselben Boden, 
den sie in den letzten Tagen als den richtigen erkannt haben, stehen bleiben 
werden, wer bürgt daslr, daß nicht in der Zukunft unsere Nachfolger den- 
noch wieder auf die früheren Ideen zurlckkommen? Wer bürgt dafür, daß 
nicht später noch höhere Ansorderungen gestellt werden müssen und daß dann 
auch der Widerstand von Neuem entflammen werde? Meine Herren, wir 
können es nicht bestreiten, daß in den letzten Jahren die Entwickelung Deutsch- 
lands und namentlich Preußens auf allen Gebieten eine ungemein reiche ge- 
wesen ist, daß Bildung und Wohlstand sich ungemein gehoben haben, und 
dennoch ist es mir sehr wohl im Gedächtuiß, daß ein großes Rheinisches 
Blatt, dem im Uebrigen der Patrlotismus nicht abgesprochen werden soll, 
Artikel um Artikel brachte, worin dargestellt wurde, Preußen stöhne unter
	        
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