Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

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Interessen des Volkes in diesem Reichstage zur Geltung kommen, und es 
müssen einseitige Bestrebungen oder Richtungen unter keinen Umständen 
durchgeführt werden können. Diese Sicher ung ist in einem Einzel- 
haus Uberhaupt nicht gegeben, weder die zuverlässige gründliche und all- 
seitige Erwägung, noch die Stetigkeit der Eutwickelung der Staatsverhält. 
nisse ist durch eine Einzelkammer zu erreichen. Dazu ist der nothwendige 
Ausgleich zwischen zwei Kammern, zwischen Ober= und Unterhaus 
dringend ersorderlich. Ich würde glauben, Ihre Geduld zu mißbrauchen, 
wenn ich die Nothwendiglelt des Zweikammersysteme hier theoretisch 
erörtern wollte, ich verweise für die Nothwendigkeit des Zweikammersystems 
auf alle Versassungen größerer Staaten. Uleberall findet sich neben dem 
Hause der Gemeinen ein temperirendes Oberhaus, wie auch immer seine 
Besugnisse ausgestattet sein mögen. Auch wir werden ein solches nicht ent- 
behren können schon im Interesse des monarchischen Prineips, welches un- 
bediugt doch sestgehalten werden muß. Ich glaube nicht, daß es rathsam sein 
kann, einem aus directen allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Volks- 
haus die Mouarchie ohne weitere Ausgleichung, ohne Vermitt- 
lung, ohne Schutz entgegen zustellen. Das ist nach meiner Kenntu#ß der 
Deutschen Geschichtsentwicklung durchaus zuwider und wir werden, 
sürchte ich, wenn wir uns auf die Vorlage so einlassen, in der serneren Zeit 
sehen, daß da ein Anprall angebahnt wird, der uns Allesehr schmer- 
zen wird, denn ich bin überzeugt, daß wir Alle wünschen, daß die 
Krast der Monarchie in keiner Weise gesährdet werden könne. 
Außerdem aber bin ich auch der Uceberzeugung, daß bei einem Einzelhaus 
einzelne wichtige hier besonders ins Gewicht fallende Inter- 
essen gar nicht gewahrt werden. Zunächst finde ich bei dem hier vor- 
geschlagenen Einzelhause nicht genügend gewahrt die Interessen der 
Einzelstaaten. Die Einzelstaaten müssen nach meinem Dasürhalten in 
einem Oberhaus nothwendig elnen besonderen Schutz sinden, auch dadurch, 
daß sie in demselben ihre besondere Vertretung haben. In der Richtung 
muß das Oberhaue die Bedeutung eines Staatenhauses haben. 
Zweitens müssen nach meinem Dasurhalten in dem Oberhaufe dle aristo- 
kratischen Elemente des Staates eine dauernde sichere Vertre- 
tung sinden. Es hat ein Redner hier vorhin gesagt, die Aristokratie 
habe nunmehr Ferlen. Nein, meine Herren, die Aristokratic hat keine 
Ferien, zu meinem Bedaueru macht sie sich sehr viele Ferien, (Heiterken) 
aber sie hat sie nicht und die Herren aus der Aristokratie, welche hier letzt 
erschienen und so fleißig an den Berathungen Theil nehmen, haben allerdings 
bewlesen, daß sie erkannt haben, es sei nicht die Zeit zum Feiern. (Sehr 
richtig" rechts.) Ohne Aristokratie in ständischer Versassung ist 
weder das monarchische Princlp dauernd aufrecht zu erhalten, 
noch ist die Gemelnfreiheit ohne Aristokratie aufrecht zu erhal- 
ten. Wenn in einem großen Nachbarlande wir in einem halben Jahr-
	        
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