Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 60—74. Wagener. 491 
Badgetconflictes nicht den geringsten Zweisel. (Sehr wahr! Schr richtig! 
rechts.) Die Differeuz zwischeu dem Ausgabebewilligungs- und 
dem Einnahmebewillig uugsrecht, meine Herren, ist bei eintretendem 
Confslicte so groß, daß zum Beispiel für die vergangene Geschichte Preußens 
in dieser Differenz die ganze Erhaltung und Rettuug unseres Vaterlondes, 
jo, meiue Herren, auch die Erhaltung und Bewahrung der Preußischen Ver- 
sassung zu suchen und zu finden ist. Hälten Sie damals in Preußen, meine 
Herren, nicht blos das Ausgabebewilligungs-, sondern auch das Eiunahme- 
bewilligungsrecht gehabt, dann weiß ich wenigstens meinerseits nicht, wie die 
Preußische Regicrung es hätte ausangen solleu, sich ohue Verletzung der 
Preußischen Verfassung diejenigen Mittel zu beschaffen, deren sie unbedingt 
bedurste und deren Aufbringung und Verwendung Sie demnächst in patrio- 
tischer Selbsterkeuntniß und Besserung als zum Heile und zum Wohle unse- 
res Vaterlandes, nicht blos unseres engeren, soudern auch unseres weiteren 
Vaterlandes, als erhoben und verwendet anerkaunt haben. (Sehr richtig! 
rechts und im Centrum.) Nun, meine Herren, weun dieser kleine Unter- 
schied also zwischen dem Ausgabe und dem Einnahmebewilligungsrecht liegt, 
dann werden Sie es wohl verstehen, weshalb wir durchaus nicht ge- 
neigt sein können, dem Ausgabebewilligungsrecht auch noch das 
Einnahmebewilligungsrecht hinzuzufligen. Aber, meine Herrcu, 
ich will Ihnen auch von Ihrer elgenen Thcorie dafür Gründe beibringen, 
ich will sie Ihnen umsomehr beibringen, als ich mich der Hoffnung hingebe, 
daß Sie doch so constitutionell sein werden, diese Art vou Grlnden auch 
noch anzuerkennen, wenn sie gegen Sie selbst sprechen. Meine Herren, wo 
liegen deun eigentlich dic selbstständigen Einnahmen des Norddeutschen 
Bundes, und wie wollen Sie deun diese selbstständigen Einnahmen beschaffen, 
wenn Sie nicht eben dazu sortschreiten, das Steuerbewilligungsrecht der ein- 
zelnen Länder, je länger desto mehr in sich auszusaugen und zu absorbiren? 
Es ist dies das Ziel, welches Sie lange mit Bewußtsein uud nach auedrück- 
licher Anssprache angestrebt haben, nämlich nicht blos das Ausgabe., sondern 
auch das Einnahmebewilligungsrecht in Ihre Häude zu bringen. (Sehr richtig! 
Bravo! rechts.) Und wenn das, meine Herren, des Pudels Kern ist bei 
diesen Amendements — es mag verstanden sein von den Herrn Antragstel. 
lern oder es mag nicht verstanden sein — dann führt es nothwendig zu dem 
Ziele, nicht das Ausgabebewilligungerecht des Norddeutscheu Reichstages sicher 
zu stellen, sondern die Steuergesetzgebung der einzelnen Länder in dem Sinne 
umzuändern, daß alle die Ihnen unbequrmen Bestimmungen dieser einzelnen 
Gesetzgebungen durch die Bundesgesetzgebung beseitigt und namentlich die 
Gorterhebung der Steuern, bis zur Aufhebung durch ein Gesetz hinweg ge- 
than werden. Und was wird dann aus der Steurrgesetzgebung der einzelnen 
Länder? Bleibt es denn dabei, daß in Preußen, der Bundesgesetzgebung 
ungeachtet, der Satz bestehen bleibt: „die bestehenden Steuern und Abgaben 
werden forterhoben", oder tritt dann der Grundsatz ein, den die Herren von
	        
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