Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

502 Zundessinanzen. 
passen für den großen Sül einer Preußischen und Deutschen Volksbewaffnung, 
und für die Juteressen, welche eine Volksvertretung gerade für eine gute Hal- 
tung ihrer bewaffneten Jugend hat. Es wird für unsere deutschen Ver- 
hältnisse etwas ganz Neues und darum Unpassendes sein, weil es widerspricht 
den unabweislichen Forderungen der Vertretung des Deutschen Volkes. 
Das Volk, welches, eluzig in ganz Europa, die Last der allgemeinen Wehr- 
pflicht trägt, hat darum eben auch den dringendsten Anspruch, bei der ökono- 
mischen Behandlung der militärischen Mannschaft ein entscheidendes Wort 
mitzusprechen. Das hat es bisher gethan. Das Mitberathungsrecht über 
das Budget ist nicht blos Gesetzesbuchstabe, sondern es ist lebendige Praxis, 
die man sich nicht entreißen läßt ohne Zwang. Sodann, meine Herren, ist 
dlese Mitberathung nothwendig, um der Mannschaften Willen, dauit 
bei der Vertheilung der großen Geldmassen die Mannschasten nicht zu kurz 
kommen. Es ist das natklrlich nicht die Absicht der Regierung. Aber den- 
noch ist es nothwendig, daß eine Volksvertretung sich stetig davon Überzeugt, 
daß die Vertheilung der Geldmassen gerecht und billig sel. Wenn in den Ver- 
legeuhelten der Verwaltung die Maunschaften zu kuapp gesetzt werden, so 
heißt das eine indirecte Besteuerung der Angehörigen. Sodann, meine Herren, 
ist für die Kriegsverwaltung selbst melnes Erachtens die offene materielle 
Discussion des Kriegsbudgets unentbehrlich. Ich glaube, es ist keine glück- 
liche Idee, daß man in einem ganzen Verwaltungszweige in fixes Ordina- 
rium und ein bewegliches Extraordinarium machen könnte. Es ist das 
eine bllreaukratische Lieblingsidee. Die Dinge, die man erreichen will, näm- 
lich den festen Kuochenbau innerhalb des Budgets kann man nicht anders 
erreichen als durch Gesetz, dadurch daß man einzeln specielle Etats ge- 
setzlich fixrirt, aber nicht durch ein ökonomisches Fixum für das Ganze. 
Ein solches ökonomisches Fixum für einen gauzen Dienstzweig hat die noth- 
wendige Folge, daß in dem Streite darlber, der sogleich beginnt und mi 
aufhört, der eine Theil alle Ansgaben in das Ordinarium schiebt, der an- 
dere Theil aber alle Ausgaben in das Extraordinarium schiebt, so lange bis 
in trostloser Verwirrung kein Posten inehr da steht, wo er naturgemäß stehen 
müßte. Diese Art der Scheidung ist im Ernst unausslihrbar und hat noch 
eln großes Bedenken. Deun eine sachgemöße Bewilligung von einer Volks- 
vertretung (mag man sie gut gesiunt oder Ubel gesinnt nennen), — eine sachge- 
mäße bereitwillige Gelderbewilligung für außerordentliche Zwecke ist unmög- 
lich und nicht zu erwarten, wenn man dieselbe Landesoertretung ausschließt 
von der zusammenhäugenden Erwägung der relativen Bedllrfnisse eines 
ganzen Dienstzweiges. Sodann erlauben Sie, meine Horren, daß ich an die 
historischen Mißbräuche der europäischen Kriegsverwaltung erinnere. Sie sind 
ohne Ausnahme entstanden aus dem unglücklichen Bestreben, dic finanzielle 
Seile der Kriegsverwaltung zu isoliren, sie loszureißen von den Theilen der 
Finanz- und Stoatswirthschaft, zu denen sie einmal gehört, sie zu emaneipi- 
ren von den nothwendigen gegenseitigen Controlen der Finanzverwaltung.
	        
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