Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

524 Bundesfinanzen. 
getrieben, daß es wirklich nicht zu sogen ist. (Zustimmung linke 
und rechts.) Ich kann den Absolntisten immer begreifen, — in- 
sofern bin ich auf derselben Linie, wie der Herr Abgcordnete von Blancken- 
burg — ich begreife den Absolutlsmus, ich begreife es aber nicht, 
wenn man dieses constitutionelle System, wie es sich seit Jahr- 
hunderteu gebildet hat und nun die größte Reife des Staats- 
wesens in Europa, die Reife der Freiheit In sich schließt — we- 
nigstens für Europa — wenn man dieses constitutionelle System 
von ganzem Herzen annimmt und es dann doch wieder in den 
Einzelheiten leugnet und davon abgehen will. Der Herr Kriegs- 
minister hat sich mit Bezug auf einen Redner schon gestern, glaube ich, 
ganz richtig des Ausdrucks bedient, daß man von einem solchen Gesichts- 
punkte aus beweisen kann, was man will. Das ist ganz der rich- 
tige Ausdruck dafür. (Helterkeit, Zustimm ung links.) Aber, meine 
Herren, es kommt uns hier nicht darauf an, daß uns bewiesen 
wird, was gerade der Reduer beweisen will, sondern der Redner 
soll uns beweisen, daß die Abstimmungen, die Handlungen, die 
wir vornehmen sollen, wirklich auch im Einklange stehen mit 
den verfassungsmäßigen Rechten; denn wenn Sie das nicht thun, so 
werden wir uns dieser Handlungen enthalten müssen. Nun, jenes Schreck- 
bild, wie es früher hieb: „Sie wollen die Soldaten verhun- 
gern lassen", wie es jetzt heißt: „Sie wollen das ganze Budget 
verweigern, Sie werden Mißbrauch mit dem Budgetrecht trei- 
ben,“ — wie wir von dieser Seite (Ministertisch) gehört haben — meine 
Herren, jene Schreckbilder sie können doch nur Kinder, große 
Linder schrecken (Zustimmung links), Männer, Männer, die das 
Staatsrecht kennen, Männer, die irgend den Bestrebungen der 
Nenzeit gefolgt sind, haben vor solchen Dingen keinen Respect. 
Ich muß gestehen, ehe Deutschland, ehe Preußen eine constikutionelle Ver- 
fassung hatte, war jo die constitutionelle Theorie diejenige, auf die uns König- 
liche Gesetze und Königliche Versprechungen, die mit dem Blute der Schlocht 
von Waterloo besiegelt waren, ein wirkliches Recht gaben. Also Jedermann 
in Preußen hatte da wohl das Recht, constitutionell zu sein und in den ge- 
bildeten Klassen, wenigstens des Mittelstandes, war diese Ansicht die allge- 
mein verbreitete. Das war nicht eine kleine Minorität und ist es auch 
heute nicht, wie der Herr von Blanckenburg meint, das ist dle ungeheure 
große Mehrheit in Deutschland! (Lebhaftes Bravo! links.) Meine 
Herren, gehen Sie aber auch in Ihr eigenes Lager zurück, gehen Sie zurück 
auf die Feudalstände. Hat denn in den Feudalständen und zur Zeit des 
Feudalismus jemals irgend Einer den Feudalständen das Recht der Steuer- 
bewllligung bestritten? Das war das Recht, was sie immer behauptet haben, 
und ich hätte einmal sehen mögen, wenn irgend ein Herzog von Würtem- 
bergioder Einer von denen, dle mit den Ständen oft im Streit lagen, ge-
	        
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