Artikel 69. Waldeck. 525
sagt hätte: „liebe Freunde, ihr wollt mir die Steuer nicht geben, ich muß
aber so und so viel Soldaten halten und darum müßt ihr Kraft dieser
Staatsraison mir diese Steuer geben, dazu seid ihr verpflichtet.“ Sie wür-
den ihm ganz einfach geantwortet haben: „ein Herrscher ist nach Deutschem,
nach Germanischem Recht Herr selner Schlösser, Herr seiner Domainen, er
ist auch der Kriegsherr, — wie man sich ausdrückte, — er hat aber nicht
über einen Pfennig Steuer zu verfügen, wenn er ihm nicht von den Land-
ständen bewilligt wird.“ (Sehr richtig! links und im Centrum.) Das ist
das Germanische Recht. Wohlan, wenn durch den Absolutismus die Ge-
walt der Feudalstände, da sie nicht wußten für das Volk zu regieren, son-
dern da sie den Antheil, den sie an der Gewalt hatten, gegen das Volk sehr
häufig mißbrauchten, — wenn die Gewalt der Feudalstände durch den Absolu-
tismus, durch den späteren wohlmeinenden, durch den intelligenten, durch den
civilisirenden, durch den das Joch des Adels brechenden Absolutismus zer-
stört worden ist, so ist es anders geworden, seit das constitutionelle Princip
herrschend wurde erst in den Ideen und dann in den Verfassungen. Was verlangt
das constitutionelle Principx' An erster Linle das Steuerbewilligungsrecht,
an erster Linie diese Rechte der alten Landstände. Und wenn damals, nach-
dem das Deutsche Volk sein Blut vergossen hatte, in jener alten oft geschmähten
Bundesacte doch immer noch der Artikel 13 stand: „In allen Bundesstaaten soll
eine landständische Verfassung sein“; und wenn man bei den Bundesoerhand-
lungen gestritten hat über das Minimum der Rechte, so war das Minimum das
Steuerbewilligungerecht, und dieses Steuerbewilligungerecht ist hier in den
modernen Staatsverfassungen dahin ausgedehnt, daß durch das Budget Einnah-
men und Ausgaben festgesetzt werden, und das ist das, was verfassungsmäßige
Staaten scheidet von absoluten, und das ist unser bestehendes Preußisches
Recht, und so haben wir das Recht, nicht nur über den Militairetat, sondern
über den ganzen Etat jährlich im Vorans zu bestimmen und über alle Verhand-
lungen, die in den Revisionskammern und sonst stattgefunden haben. Es
ist dies ja oft durchgeführt worden, ich will Sie nicht mit den Einzelheiten
behelligen, ich muß Sie da aber auf viele Reden unseres Herrn Präsidenten,
des Abgeordneten Twesten und mancher Anderen verweisen“ — die haben alle
schlagend bewiesen, daß auch nach den Verfass handl
von 1849 und 1850 eben das Budgetrecht geltend gemacht worden ist. Nun,
meine Herren, dieses Budgetrecht soll eben diese Gewalt dem gesetzgebenden
Körper geben, er soll an der Regierung participiren in der Weise, wie er es
hiernach kann, und Niemand hat das Recht von Mißbrauch zu reden, wenn
Jemand sein Recht geltend macht, — wie man den Feudalständen nicht Miß-
brauch vorwerfen konnte, wenn sie irgend eine Steuer nicht bewilligten, sel
es auch daß der Landesherr von dem höheren Gesichtspunkt sogar vollständig
Recht gehabt hätte, sie zu fordern. So ist es hier. Essollte diese Schrauke
gegeben werden; denn es ist durchaus nicht wahr, daß immer der andere
Factor Recht hätte, und das ist der Grundirrthum, von dem Sie ausgehen; —