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schränken zu können, die Hauptunterschiede der beiden hier geltend
gemachten Richtungen anzudeuten und die Stellung, welche ich persönlich
und welche meine politischen Freunde zu denselben nehmen, an den Tag zu
legen. Die Regierungsvorlage und das Amendement Micquel,
welche ich als die Vertreter der beiden Richtungen bezeichne, unter-
scheiden sich hauptsächlich durch zwei Punkte. Ich und meine politischen
Freunde, meine Herren, sind nicht der Ansicht gewesen, daß das Budgetrecht
in der Regierungsvorlage verleugnet wäre. Es ist durch den Artikel 65 d. E. in
Verbindung mit dem Artikel 5 in thesi gewährleistet und nur gewissen Modi-
ficatkonen unterworfen, nach welchen hin die Verschiedenheil mit dem Micquel-
schen Amendement hervortritt. Er hat zunüchst eine dreijährige Budgetperiode
in Aussicht genommen. An sich lege ich auf diesen Punkt kein entscheidendes
Gewicht, möchte aber doch von der Aueführung einer solchen abrathen und
kann die dafür geltend gemachten Gründe nicht anerkennen. Es hat zunächst
in einem großen Staate die dreijährige Budgetperiode noch keine Geschichte;
sie hat serncr in dem Norddeutschen Bunde das Bedenken, daß sie die Budget-
verhanblungen desselben auf einen anderen Zeitraum ausdehnt, als denjenigen,
welcher für unser engeres Preußisches Vaterland gilt. Wenn man dagegen
anführt, daß die Budgetverhandlungen einen großen Theil der Zeit und der
Kräfte der Herren Vertreter derart absorbiren würden, daß es practisch un-
ausflörbar wäre, so bemerke ich hiergegen, daß diejenigen Budgetverhandlun-
gen, welche im Norddeutschen Bunde stattfinden, den Budgetverhandlungen
des Preußischen Abgeordneten, und Herrenhauses in Abzug zu bringen sind,
daß dieses plus mit jenem minus sich also compensirt. Ich fürchte eine
alte deutsche doctrinaire Streiterei Über das Budget außerdem bei einer
einjährigen Periode weniger, als bei Einführuag der dreijährigen. Es wird
sich-eine gewisse Praxis, eine gewisse Reihe von Präcedenzfällen bilden, welche
es ermöglichen, rasch auf Grund stillschweigend vorausgesetzter Uebereinftim:
mung die einjährigen Budgetverhandlungen zu absoloiren, während ich bei
einer dreijährigen Budgetperiode eine febris intermittens, ein dreijähriges
Budgetfieber und seine aufregeuden Folgen für den Staat voraussehe. Man
wird glauben, einen Beschluß, den man für eine längere Periode hinaus zu
fassen genöthigt ist, mit größeren Cautelen umgeben zu sollen, als einen Be-
schluß, zu dessen Abänderung man schon nach Ablauf eines Jahres Gelegen-
heit haben wird. Es ist ein fernerer Unterschied der, daß die Vorlage der
Staatsregierungen einen Theil des Budgets Überhaupt der Berhandlung im
Hause entzieht. Die Polemik, welche der Herr Abgeordnete für Elberfeld
gegen die Theilung des Budgets in Ordinarium und Extraordinarinm, sir
welche ich mich gelegentlich der Generaldebatte de lege lerenda ent-
schieden hatte, eröffnet, erscheint mir mehr als ein Streit über Worte
und Rechtstheorien, welche ich ihm gegenllber aufzunehmen Anstand nehme,
da ich ihn in beiden als meinen Meister erkenne. Eine practisch politische
Bedeutung scheint mir dieser Streit nicht zu haben, denn derjenige Theil des