Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

584 Schlichtung von Strritigleiten ic. 
Garantie für rechtliche Schlichtung etwalger Streitiglelten und Ver- 
wickelungen, die auch in unserem Norddeutschen Bunde sich leider nicht immer 
vermeiden lassen werden. Gegen den ersten Theill, scheink es mir, ist 
ein Bedenken alcht erhoben worden, also der Satz: daß „Streitigkeiten 
zwischen verschledenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher 
Natur und daher von den competenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind,“ 
d. h. daß eine derartige Sonderung von Hause aus Statt findet, daß also 
überall, wo ein Privatrecht in Betracht kommt, von Hause aue die com- 
petenten Gerichtsbehörden für die Lösung des Rechtsstreites als 
competent aufgerufen werden; in anderen Fällen dagegen „auf 
Anrufen des einen Theils von dem Bundesrathe erledigt werden“. Unter 
dem Worte „erledigt“" ist nur im Allgemeinen angedeutet worden, daß 
der Bundesrath seinerseits bestrebt sein wird, falls es ihm nicht gelingt, inner- 
halb seines Schoßes — ich möchte sagen, im Familienrathe — eine solche 
Angelegenheit zu befriedigender Lösung zu bringen, diejenigen Rechtswege selbst 
zu bezeichnen, auf denen die Sache zum Austrag kommen kann. Vorzugs-= 
weise ist dabei auch der Fall einer Verweisung auf Austrägalinstanz voraus- 
gesehen. Das verstehen wir unter dem Worte Cerledigt“. Gegen den ersten 
Theil des zweiten Absatzes des Artikels 70: „Verfassungsstreitig= 
kelten in solchen Bundesstaaten, in deren Verfassung nicht eine Behörde zur 
Entscheidung solcher Streitigkelten bestimmt ist? — ist auch ein Bedenken 
nicht erhoben worden, Eine Reihe von verbündeten Staaten ha- 
ben in ihren Verfassungen Bestimmungen, die ausdrcklich schon 
bestimmte Gerichte bezelchnen, welche in diesen Fragen competent find. 
Deren Recht ist hiermit vollständig reservirt. In anderen Ländern ist 
das nicht der Fall, und da haben wir es für angemessen und für 
zweckmäßig erachtet, daß der Bundesrath ebenfalls vor allen 
Anderen dazu berufen werde, gütlich auszugleichen und, wenn 
ihm dies nicht gelingt, schließlich die Sache dahin zur Entscheidung 
zu bringen, daß er sie auf den Weg der Bundesgesetzgebung ver- 
weist, d. h. daß die beiden gleichberechtigten Factoren für die Gesetzgebung, 
der Bundesrath und der Reichstag, darliber gehört werden und sich auszu- 
sprechen haben, und daß dann das Endresultat dieser Verhandlungen maß- 
gebend sein soll bei der Entscheidung in solcher Frage — Alles dies unter 
der Voraussetzung, daß ein Theil wenigstens den Bundesrath aus freien 
Stlicken anruft, daß er von Hause aus also den hier bezeichneten Weg be- 
tritt. — Bei Besprechung dieses Artikels ist vielfach der Wunsch nach einem 
Bundesgericht und eine bestimmte Verweisung auf die Eimichtung eines 
Bundesgerichts beregt worden. Der Gedauke ist auch im Schoße der 
verbündeten Regierungen von einer und der anderen Seite angeregt 
worden, man ist aber schließlich zu dem Resultat gekommen, daß man 
weder die Verheißung eines solchen Bundesgerichts noch Bestimmun-
	        
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