590 Schlichtung von Streitigkeiten 2c.
Punkten weit auseinandergehen, so glaube ich doch, dah wir Alle in dem
Einen vollständig Übereinstimmen, darin nämlich, daß Recht die Basis
aller gesellschaftlichen Ordnung und menschlichen Verhältnisse,
der Rechtsschutz die erste Aufgabe ist, welcher sich ein geordnetes
Staatsleben unterziehen muß. Vor Allem muß dafür gesorgt werden,
daß das Recht ausreichend geschützt werde nach allen Beziehungen hin, nicht
bloß nach einer Bezlehung hin, und zwar sowohl das öffentliche wie das
Privatrecht muß dleses Schutzes sich erfreuen. Meine Herren, soeben haben
wir vom Ministertische aus dem Munde des Herrn Bundescom-
missars gehört, daß diese Bestimmungen des Entwurfes allerdings nicht
die Materie erschöpften, sondern es seien diese Bestimmungen nur als
solche hingestellt worden, die das Hauptscüchlichste berührten. Ich
glaube, meine Herren, daß gerade diese Aeußerung die Forderung
begründe und berechtige, dahin gehend, daß diese wichtige
Materie, die wir gegenwärtig zu berathen haben, auch vollstän dig und
genügend erschöpft und dies schon jetzt wenigstens in Aussicht ge-
stellt werde. Es ist deshalb auch von verschiedenen Seiten der Antrag
ausgegangen auf Einführung eines Bundesgerichts mit der gleichzeitigen
Feststellung der Competenz, die ihm zufallen soll, und die selbstverständlich
umfänglicher sein muß, als die in der Vorlage angegebene. In dem Ar-
tikel 68 des Eutwurss finden wir z. B. nur die Vergehen und Verbrechen
hervorgehoben, welche gegen die Integrität, die Existenz und gegen einzelne
Organe der Bundesbehörde verllbt werden können. Aber umsonst, meine
Herren, sehen Sie sich nach irgend einer Bestimmung um, wo auch
die Vergehen und Verbrechen getroffen werdeu, welche entgegen-
gesetzt von den obersten Organen des Bundes und der Bundes-
behörden ebensalls verübt werden könnten, weswegen wir die
Ministerverantwortlichkeit verlangt haben. In dieser Beziehung so-
wohl als in den folgenden, meine Herren, wird vollständig mit ungleichem
Maße gerechnet, indessen wird sich Gelegenheit geben, bei dem Artikel 70
d. Entw. zugleich zu zeigen, wie wenig ausreichend Überhaupt selbst für die
gegenwärtigen Verhältnisse in Deutschland diese Bestimmungen sind; es wird
dann nachgewiesen werden können, wie sie den practischen Bedllrfnissen nicht
genligen, wenn man z. B. nur die Versafsungsstreitigkeiten in einzelnen
Bundesstaaten in Erinuerung bringt, die zum Austrage gebracht werden soll-
ten, und die, trotzdem daß z. B. in einem Bundesstaate hierfür eine besondere
Behörde für deren Schlichtung besteht, doch in dem elnzelnen Staate nicht
zur Eatscheidung gebracht werden können. Denn, meine Herren, es ist der
Fall nicht bloß in einem, sondern in mehreren Staaten vorhanden, daß eine
sogenannte Volksvertretung in Folge einer Berfassungsverletzung vorhanden
ist, die als elne unberechtigte Volksvertretung anzusehen ist, mit der Regie-
rung geht, und in welchem Falle den Angehörigen dieser Staaten das Rechts-
mittel entzogen ist, gegen die Regierung wegen der Verfassungsverletzung und