Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

502 Schlichtung von Streitigkeiten 2c. 
stellung in unserem Lande hierhergekommen, um mit an der Herstellung des 
Werles einer Verfassung des Norddeutschen Bundes zu helfen, und wir wer- 
den das Wort unsers Königs hier wie überall durch die That ein- 
zulösen wissen. (Bravol) Meine Herren! Der Fall, den der Herr Ad- 
geordnete Wölsel er wähnt hat, ist wenn ich nicht ganz irre mir bekannt. 
Ich halte mich daher für verpflichtet mich darüber zu erklären, zumal ich zu 
der Ehrenhaftigkeit des Herrn Abgrordneten Wölfel das Vertrauen hege, daß 
wenn er seinen Irrthum wird eingesehen haben, er ihn auch bekennen wird, 
— ich werde mir Mühe gebeu, ihn seines Irrthume zu überführen und vor 
dem ganzen Hause die Scchsische Rechtspflege, die vor keiner anderen zurück- 
jutreten nöthig hat, als auch hier makellos dargestellt. — Meine Herren! So- 
viel mir bekannt ist ein Preußischer Soldat auf seinem Posten in Leipzig 
beleidigt worden. Der Antrag auf Bestrafung des Beleidigers ist beim 
Staatsanwalt zu Leipzig gestellt und von diesem abgelehnt worden. Ich 
habe diese Resolution gebilligt, und das geschah ganz einfach aus folgendem 
Grunde: Sie werden, meine Herren, nicht verlangen und am allerwenigsten 
die Königlich Preußische Regierung, daß ein anderes Recht für die Mitglie- 
der der Preußischen Armee in Sachsen gelte als für die Mitglieder der 
Sächsischen Armer. Nun aber ist die Injurie bei uns in Sachsen kein 
Vergehen, das von Amtswegen verfolgt wird. Ich weiß sehr wohl, daß 
nach Königlich Preußischer Gesetzgebung und nach der Gesetzgebung anderer 
Deutscher vänder die Beleidigung eines Beamten in Bezug auf seinen Beruf, 
auch die Beleidigung eines Soldaten und namentlich die öffeutliche Beleidi- 
gung auch von Amtswegen verfolgt werden kann. Diese Bestimmung aber 
kennen wir in Sachsen nicht. Die Injurien siud überhaupt, wie wir sagen, 
den Privatanklagen zugewiesen. Aber daraus folgt durchaus gar nicht daß 
diese Beleidigung des Preußischen Soldaten straflos bleiben soll oder nur 
daß sie straflos geblieben ist, sondern es ist einfach ein Antrag von dem 
Commandanten des betreffenden Corps oder der betreffenden Abtheilung an 
das Gericht gebracht worden und darauf hin wurde vom Gericht ohne Weite- 
res das Untersuchungsverfahren eingeleitet. Der ganze Unterschied besteht 
also darin daß nach der Königlich Süchsischen Gesetzgebung der Staatsan- 
walt nicht mitwirkt, während er nach der Preußischen Gesetzgebung mitwir- 
ken kann. Ich glaube hier keine Judiscretion zu begehen, wenn ich Ubri- 
gens versichere daß ich den Herrn Kommandanten von Leipzig bei einem 
Privatgespräch auf diesen Punkt aufmerksam gemacht und dieser auch die 
nöthigen Schritte gethan hat, um die erforderliche Satisfaction, die ich für 
den Preußischen Soldaten wie für die Preußische Armee und die Preußische 
Waffenehre vollständigst in der Ordnung finde, zu verschaffen. Ich kann 
nur wiederholen, doß, wenn der Fall vorkommen sollte, wo nach der König- 
lich Sächsischen Gesetzgebung das Einschreiten der Staatsanwaltschaft noth- 
wendig oder zulässig ist, ich ganz gewiß der Erste sein werde, der dafür 
sorgt daß die Staatsanwaltschaft mit aller Energle einschreitet, um die Be-
	        
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