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der Regierung oder von dem Kurfürsten erwidert, er werde sich nicht dar-
auf einlassen, er habe ja Recht, wozu solle man da noch eine Entscheidung
hervorrufen; und als in einem andern Falle in Braunschweig die Regierung
beantragte, daß die Stände sich auf die Entscheidung einlassen möchten, so
wurde von ihnen erwidert: ja nach der Composition des Schiedegerichts haben
wir nicht das ersorderliche Vertrauen und können uns deshalb nicht darans
einlassen. Deshalb würde es natürlich nothwendige Bedingung sein, daß
beide Theile in gleicher Weise verpflichtet werden, sich aus diesen Weg zu be-
geben, und daß es im Allgemeinen ausgesprochen würde, daß aus der Wahl
beider Theile das zu bildende Schiedsgericht hervorgehen soll. — Mein Antrag
geht denn nun allerdings daraus hin daß alsbald ein definitives oder stän-
diges Bundesgericht eingerichtet werde. Daß man dafür in gegenwärtiger
Zeit nicht viel Sympathien findet, das ist leider Gottes nur zu begreiflich,
denn mir scheint überhaupt, daß die alte gute Deutsche Erfindung, nämlich
der Rechtssinn, mehr und mehr bei uns in Deutschland verschwindet, daß
die Achtung vor der Macht des Rechts mehr und mehr bei uns abgenom-
men hat, wie es leider Gottes bei unseren Nachbarn im Westen längst schon
der Fall war. Wenn man in einer Zeit lebt, wo man oft hören muß, daß
gesagt wird, es giebt dem Staate gegenüber oder zwischen Staaten überhaupt
keine Rechtsfrage, sondern nur politische und Macht fragen — nun, da kann
eben keine Neigung herrschen, ein Gericht anzuerkennen, welches in streitigen
Fällen entscheiden soll, mag auch die Sache ihrer Natur nach noch so sehr
dazu geeignet sein. Nichtsdestoweniger konnte ich mich aber nicht abhalten
lassen, den Antrag auf Errichtung eines ständigen Bundesgerichts zu stellen,
um damit mein eligenes Gewissen zu wahren. Einen Antrag aber blos dar.
auf hin, daß demnächst ein Bundesgericht eingesetzt werde, zu stellen, der
scheint mir nicht ausreichend zu sein. Es muß nothwendig, wenn die Er-
süllung einer solchen Bestimmung als gewährleistend erscheinen soll, gleich
die Competenz des Bundesgerichts sestgestellt werden in den wesentlichsten
Punkten, wodurch natürlich eine Ausdehmnung derselben in der Zukuaft nicht
ansgeschlossen wird. Demgemäß habe ich in meinem Antrage den Versuch
gemacht, die Competenz dieses Bundesgerichts schon jetzt näher zu bezeichnen.
Es liegt Ihnen der Antrag vor, und nach dem, was ich bereits Über die
einzelnen Fälle mit Rücksicht auf das frühere Bundesrecht zu bemerken mir
erlaubte, wird es keiner besonderen Erläuterung derselben bedürsen. Ich will
nur darauf aufmerksam machen, daß wenn ich Streitigkeiten zwischen Bun-
desglledern dem Bundsegericht nur insoweit zuweisen will, als sie nicht in
Gemäßheit dieser Verfassung zur Competenz des Bundespräsidiums oder des
Bundesraths gehören, damit vollstäudig demjenigen Rechnung getragen wird,
was man in der Formel geltend gemacht hat, daß Über eigentliche Macht-
fragen man sich keiner richterlichen Entscheidung unterwerfen könne. Dabei
konnte ich aber den Ausdruck des Entwurss, welcher bei den Streitigkriten
zwischen Bundesgliedern einschränkend dahin geht: „sofern dieselben nicht pri-