608 Schlichiung von Sireiligleiten 1c.
betreffenden Bundesstaates zu beurtheileude Beschwer-
den Üüber verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzu-
nehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der Bun-
desregier ung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat,
zu bewirken.“
angenommen und zwar bei Zählung mit 138 gegen 113 Stimmen.
In der Schlußberathung beantragte Simon zu Artikel 76
Alinea 2 des Artikels zu streichen.
Limon (Breslau).“) Der Artikel 76 besteht aus zwei Theilen; der
erste Theil hat zum Gegenstande die Strcitigkeiten zwischen den verschiedenen
Bundesstaaten, der zweite Theil Versassungsstreitigkeiten. Ich halte es für
nothwendig, daß Über diese beiden Theile des Artikels getrennt abgestimmt
wird, über jeden besonders. Nachdem durch die gestrige Annahme des Amen-
dements betresss der Diäten"") unzweiselhast wird, daß künftig ein Reichstag
hier tagen wird, zusammmengesetzt aus Männern vorwiegend nur Einer Rich-
tung, habe ich gar kein Bedeuken darllber, daß die diplomatische Richtung
und Tendenz, welche dieser Verfassungsentwurf überhaupt hat, nach Außen
sowohl wie nach Innen sich jetzt wenden wird gegen diejenigen Bestimmungen
der Einzelversassungen, namentlich gegen diejenigen Bestimmungen der Preußi-
schen Versassung, welche den Regierungen nicht conveniren. Die Vergangen-
heit hat gezeigt, daß es eine Kleinigkeit ist, Versassungsstreitigkeiten heru#-
stellen; es sind sehr viele Paragraphen in der Preußischen Verfassung ent-
halten, von denen man sagen muß, daß sie sehr mangelhaft redigirt sind, und es
wird nicht eben schwer sein, eine gewisse Streitigkeit daraus herzustellen. Wir
haben, wenn diese Bestimmung, der zweite Theil des Artikel 76, angenommen
wird, zu erwarten, daß im Wege der Bundesgesetzgebung demnächst diejenigen
Bestimmungen der Preußischen Versassung elidirt werden, auf welche das
Volk elnen ganz besonderen Werth legt und legen muß, welche aber den Re-
gierungen unangenehm sind. Denn in diesem Artikel 76, in der betreffen-
den Bestimmung, heißt es, daß dergleichen Verfassungsstreitigkeiten im Wege
der Bundesgesetzgebung erledigt werden sollen, wenn eine gütliche Einigung
nicht zu Stande komme. Nun, meine Herren, stellen Sie sich einmal die
Sache vor: Wir haben dereinst hier den Bundesrath sitzen, bestehend aus
Commissarien der Regierungen, und wir haben dereinst hier im Saale sitzen
Reichstagsmitglieder, zu welchen wir in Betreff ihrer Ehrenhaftigkeit und
Tüchtigkeit an sich gewiß das allergrößte Vertrauen haben werden, welche
aber politische Ansichten vertreten, die mit denen der Regierungen und ins-
besondere auch mit deren Auffassung der einzelnen Preußischen Versassungs-
bestimmungen so zusammenfallen und congruiren, daß demnächst die Preußische
Verfassung im Wege der Versassungsstreitigkeiten und der Bundesgesetzgebung
5 *i- S. 727.
#) Hierüber s. unten im Abschuit: „ISchlaßberalbnss".