Interpellation wegen Hessen. Solms-Limbach. 613
des Königs von Preußen nach Maßgabe der auf der Basie der
Bundeereformvorschlüge vom 10. Juni d. J. zu vereinbarenden
Bestimmungen.“
Die Erklärungen Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen,
die Sie aus der Interpellakion ersehen haben werden?), sowie die Worte, die
wir bei der Eröffnung des Reichstags aus Königlichem Munde vernommen
haben, lassen uns hoffen, daß der abnorme Zustand, in welchen das Groß-
herzogthum Hessen durch den Friedensvertrag vom 3. September gekommen
ist, wird beseitigt werden. Daß dieser Zustand ein abnormer ist, werde ich
versuchen mit wenigen Worten nachzuweisen. Nach Artikel 2 des Verfassungs-
entwurfs für den Norddeutschen Bund hat derselbe das Recht der Gesetzge-
bung nach Maßgabe des Inhalte seiner Verfassung und mit der Wirkung,
daß die Bundeegesetze den Landesgesetzen vorgehen, Artikel 4 der Verfassung
des Norddeutschen Bundes specitfücirt die zur Competenz des Bundes gehö-
rigen und der Gesetzgebung des Bundes unterworsenen Angelegenheiten. Es
gehört dazu die Gesetzgebung betreffs der Zölle und des Handels, ferner be-
treffs der in die Bundeskasse fließenden und für Bundeszwecke zu verwen-
denden Steuern. Nach den vom Hause gesaßten Beschlüssen gehört ferner
dazu die Gesetzgebung über das Obligationenrecht, das Strasrecht, das Han-
dels= und Wechselrecht und das gerichtliche Versahren. Artikel 32 des Ver-
fassungsentwurfs bestimmt namentlich bezüglich der für Bundeszwecke zu be-
stimmenden Steuern was folgt. Artikel 32 lautet:
„Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung Uber das ganze
Zollwesen, über die Besteuerung des Verbrauches von einheimischem
Zucker, Branntweln, Salz, Bier und Taback, sowie Über die Maß-
regeln, welche in den Zollausschlssen zur Sicherung der gemein-
schaftllchen Zollgrenze erforderlich sind.“
Es werden also dadurch für einen unter einer Berfassung vereinigten
Staat zwei verschiedene Factoren der Gesetzgebung begründet, was mit der
Staatseinheit doch ganz unverträglich ist. Sollte der Zollverein in seincm
gegenwärtigen Umsange nicht erhalten werden, vielmehr nach Art#kel 30 des
Versassungsentwurss für das Gebiet des Norddeutschen Bundes ein für sich
bestehendes Zollsystem eingeführt werden, so würde der abnorme Fall ein-
treten, daß ein Theil des Großherzogthums, ein Theil eines und desselben
Staates gegen den andern als Ausland behandelt werden müßte. Luch die
Bestimmungen über das Bundeskriegswesen sind der Art, daß sie den Staat
in zwei Hälften theilen würden. Es ist zwar zu erwarten, daß durch die
in Verhandlung stehende Milltärconvention dieser Mißstand werde beseitigt
werden. Wie soll es aber mit den Matricularbeiträgen werden? Sollen
die nicht zu dem Norddeutschen Bunde gchörigen Landestheile des Großher-
zogthums Hessen zu diesen Matricularbeiträgen contribulren oder soll das nicht
D ee it dies die Proclamation des Großherzogs vom 17. September 1866: „An
mein treues Bokk.“