632 Berhãliniß in Süddeulschland.
Billigkeit und Mäßigung zu Gunsten ihrer Bundesgenossen gehandelt hat.
Meine Herren, der Preußische Staat, das ist kein Militairstaat. Der Staat
der Gewissenssreiheit, der Staat, der zuerst in Deutschlaud den Bauernstand
besreit hat, der Staat, der zuerst die Gemeindesreiheit in Deutschland be-
gründet hat, der Staat, der zuerst das nationale Panier siegreich gegen das
Ausland erhoben hat, der Staat, dem wir unsere Befreiung vom auswärti-
gen Druck zu verdanken haben, — das ist ein Staat der Kultur! Dieser
Staat des großen Friedrich, den wollen wir nicht herabwürdigen lassen zu
einem Militairstaate, (Lebhaftes Bravol) meine Herren, und die Regie-
rung, die hier vor uns steht, der Graf Bismarck, der hier neben mir sitzt,
meine Herren, wir fühlen uns gedrungen, — so sehr wir auch von ihm ab-
weichen, wie es die letzten Tage bewiesen haben, in einzelnen Fragen der
innern Politik, — ihm zu bezeugen Angesichts der Nation die Dankbarkeit,
die wir ihm schuldig sind. (Wiederholtes lebhaftes Bravol) Wer die
Erklärung Sr. Majestät des Königs in der Rede an den Reichstag gehört
und begriffen hat, wer die Politik der Königlich Preußischen Regierung nach
dem Nikolsburger Frieden verfolgt, wer eine Einsicht genommen hat in die
billigen Friedensverträge mit Süddeutschland, deren wahrer Grund das
Nationalgefühl war, wer gehört hat die Erklärung des Grasen Bismarck,
die gestern uns hier gegeben wurde, nach welcher es nur abhängt von dem
Willen der Großherzoglich Hessischen Regierung, ob sie eintreten wolle in den
Norddeutschen Bund, wer nach solchen Thatsachen noch behaupten kann, daß
diese Politik nichts weiter beabsichtige als einen Norddeutschen Militairstaot
zu gründen, meine Herren, dem ist Überall nicht zu helsen. (Bravol Heiter-
keit.) Es ist wunderbar, welche Coalition von Gegnern uns entgegentritt:
auf der einen Seite die entschiedensten Demokraten, deren Tendenzen doch
nicht darauf hinauslaufen, sich besonders zu interessiren für die Machtooll-
kommenheit und volle Souverainetät der kleinen Fürsten, die aber hier sich
stellen — hier nicht blos im Reichstage, sondern auch auderswo — als wena
sie vorzugeweise ihre Aufgabe darin sänden, letztere zu verteten. Verbun-
den mit ihnen die ultramontane Partei, (die wir Alle natürlich sehr wohl zu
scheiden wissen von unseren katholischen Brüdern) deren Politik sich einsach
auf den Gesichtspunkt reducirt, wenn man es offen sagen will: unser Vater-
land ist nirgends wo anders, alg Rom. (Bravol) Endilich die aueschließ-
lichen Vertreter von nichts weiter, als abgestorbenen rein formalen Souve=
rainetätsbefuguissen der einzelnen Fürsten, Diejenigen, die nichts weiter ken-
nen, als die kleinen Staaten, in denen sie gelebt und geherrscht haben und
die noch nicht gelernt haben, an das große Deutsche Vaterland zu denken.
(Lebhaftes Bravo!l Schr gutl!) Das find die, die uns cutgegenstehen.
Wir haben, meine Herren, das Vertrauen, an der Hand und unter Führung
der Königlich Preußischen Regierung mit diesen Gegnern sertig zu werden.
(Beifall.) Wenn wir es nun auch keineswegs für nöthig halten, die Preu-
bische Regierung weiter zu drängen auf dem Wege, den sie so erfolgreich be-