634 Berhältniß zu Süddeutschland.
Vorschlag bezüglich des Eintritts Süddeutschlauds ausschließlich zugewiesen
haben, ist eine solche Gefahr offenbar nicht vorhanden. Meine Herren, wenn
bis dahin Süddeutschland nicht eintrat, so glaube ich, lag das wesentlichste
Hlnderniß nicht in dem Widerstreben des Auslandes, nicht in den formellen
Bestimmungen des Nicolsburger Friedensvertrages, sondern, um es mit zwei
Worten zu sagen, in der Abneigung der Süddeutschen Regierungen, vielleicht
auch bie dahin, bis in die allerneneste Zeit, in einer Abneigung wenigstens
eines Theiles der Süddeutschen Bevölkerung. (Sehr richtigl) Nichts würde
also verkehrter sein, als dle Preußlsche Regierung dafür verantwortlich zu
machen, daß es ihr noch nicht gelungen ist, die Süddeutschen Staaten in
diesen Norddeutschen Bund hineinzubringen und die gesammte Deutsche Völker-
familie in einem Staate zu verbinden. Wir können nach den neuesten Er-
klärungen und nach der Erklärung, die wir soeben von dem Herrn Vertre-
ter des Großherzogthums Hessen--Darmstadt gehört haben, nachdem eine neue
Politik in Baiern begonnen hat, und im Vertrauen auf die stets bewährte
nationale Gesinnung der Badischen Regierung allerdinge hoffen, daß die in
dem Widerstreben der Süddeutschen Regierungen liegenden Hindernisse bald
verschwinden werden, um so eher, je größer die Gefährdung der Sicherheit
und Wohlfahrt der Nation durch auswärtige Bedrohung sein wird. Aber
auch die Abnelgung und das Widerstreben eines Theiles der Süddeutschen
Bevölkerung ist offenbar im Schwinden. Alle Zeichen, die wir aus Süd-
deutschland sehen, beweisen, daß man nicht bloß in der Phrase und in der
Redensart mit uns einig sein will, sondern daß man auch gewillt ist, die
Lasten mit zu Übernehmen, die die Bildung eines nationalen Staates noth-
wendig erfordert. Ohne den ernsten Willen, auch gleiche Opfer zu bringen,
wie wir sie gebracht haben und bringen müssen, würde die bloße Zuneigung
im Allgemeinen völlig werthlos sein. (Sehr richtigl) Wenn aber nach diesen
Seiten hin die Hoffnung auf eine baldige vollständige Einigung Deutschlands
sich mehrt, wenn wir zwar hier auf eine demnächstige Einigung mit Süd-
deutschland bezlglich der Verfassung des Norddeutschen Bundes keine Rück-
sicht haben nehmen können, wenn wir uns hier nothgedrungen haben einrich-
ten müssen auch für den Fall, daß wir allein bleiben sollten, daß wir noch
lange allein bleiben sollten; — wenn wir das um so mehr haben thun müssen,
weil, je stärker Norddeutschland, um so sicherer Süddeutschland ist, und well,
je stärker und einiger Norddeutschland ist, um so eher eine Einigung mit
Süddeutschland eintreten wirdt; — wenn wir also mit der Krüftigung des
Norddeutschen Bundes nicht eine Scheidung von Silddeutschland, sondern
vielmehr die Möglichkeit haben gewinnen wollen der baldigen Einigung: dann
geziemt es uns wohl am Schlusse unserer Berathungen nun auch den Süd-
deutschen Brüdern offen die Hand hinzustrecken, ihnen zu sagen, daß es ledig-
lich von ihnen abhängt, wenn sie die Opfer bringen, die Lasten übernehmen,
wenn sie die Gefahr mit uns theilen, wenn ste zusammenstehen wollen auf
gleicher Linie mit uns, — daß es lediglich von ihnen abhängt, mit uns in