Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 79. Biamarcd. 649 
ift aber die, daß gerade durch die Noth der Thatsachen das herbeigeführt 
wird, was er und seine Freunde in diesem Amendement haben ausdrücken 
wollen. Die Süddentschen Staaten und, lch wage zu hoffen, auch das er- 
lauchte Haus Habsburg, nachdem der Streit Über die Präponderanz in 
Deutschland zwischen ihm und Preußen nicht mehr existiren kann, nachdem 
unsere Wege zwar geschieden find, aber hoffentlich die Bundesgenossenschaft, 
die in großen und wichtigen Fragen uns auf allen Schlachtfeldern Europas 
seit Jahrhunderten zusammenführte, nicht ausgehört hat — ich glaube und 
hoffe, in einer Europäischen Gefahr wird ganz Deueschland einschließlich des 
Oesterreichischen Kaiserstaates zusammen stehen, eingedenk der Worte unseres 
großen Dichters: 
Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, 
In keiner Noth uns trennen und Gefahr! 
(Lebhaftes Bravol) 
Präfident der Bundescommissarien Ministerprästdent Graf v. Bismarch.“) 
Um der Aufforderung des Herrn Vorredners zu entsprechen, will ich mich 
mit wenigen Worten über die Stellung der Vertreter der verbünde- 
ten Regler ungen zu dem Amendement Lasker-Miquel aussprechen. 
Ich kann nicht behaupten, daß die Tendenz dieses Amendements 
unseren Wünschen und Bestrebungen wlderspricht. Eine andere 
Frage ist aber dle, ob solche Mitglieder dieser Versammlung, welche 
zugleich Vertreter der Regierungen find, sich augenblicklich in 
der Lage befinden für dies Amendement zu stimmen. Ich habe 
besagt, daH es unseren Wünschen nicht widerspricht. Aber eine 
Regierung ist ver pflichtet, sich bei der Aussprache ihrer Wünsche nach 
der Decke ihrer Rechte zu strecken. Ich will damit nicht behaup- 
ten, daß die Annahme dieses Amendements im Widerspruch mit dem 
Artikel 4 des Prager Friedens stände; ich will nur aus ähnlichen 
Gründen, wie ich sie gestern bei der Beantwortung der Hessischen 
Interpellation hervorhob, nicht einseitig den Verhandlungen, die 
zu einer einheitlichen Auslegung der Contrahenten des Prager 
Friedens erforderlich sind, vorgreifen, auch nicht die Ent- 
schließung der Süddeutschen Regierungen in einer Weise präjudi- 
ciren, zu welcher bisher der Grad ihres amtlichen Entgegenkom- 
mens uns nicht auffordert. Daß im Artikel 4 des Prager Frie- 
dens nicht bloß ein internationales Schutz= und Trutzbündniß 
— wie einer der Herren Vorredner, ich weiß nicht welcher, bemer hat — 
in's Auge gefaßt ist, geht, glaube ich, aus seinem Wortlaut für jeden 
aufmerksamen Leser zwelfellos hervor. Es ist in dem Artikel 4 nicht 
von einer neuen Gestaltung Norddeutschlands bloß die Rede, 
54) St. Ber. S. 6#.
	        
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