Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Generalded##Reichensperger. 663 
entwurfs hinsichtlich des Budgetrechts unzureichend, daß das gänz- 
liche Schweigen desselben über das Verantwortlichkeitsprincip nicht 
annehmbar, und daß endlich die proponirte Verweigerung der Diä- 
ten eine Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit ist, die eben so 
wenig durch äußere Interessen noch auch durch innere Gründe der Sache 
gerechtfertigt wird. Die desfallsigen richtigen Principien sind durch die Vor- 
berathung aber in einer Weise zur Geltung gebracht werden, namentlich in 
Beziehung auf das Budgetrecht ist den allerbescheidensten Ansprüchen genügt 
worden und ich bescheide mich gern, diesen bescheidenen Standpunkt auch 
meinerseits anzunehmen. Ich bin darum der Meinung, daß das Stehen- 
bleiben auf dem durch die vorläufige Beschlußfassung gewonne- 
nen Boden das mindeste Recht und die Pflicht dieses Hohen Reichs- 
tages ist. Was dies Budgetrecht als solches aubetrifft, so habe 
ich mich niemals blind gemacht gegen die Gefahren, welche mit dem- 
selben verbunden sind. Ich habe bei meiner ganzen politischen Thätigkeit 
dahin zu wirken mich bemüht, das zu straffe Anspannen des Bogens nach 
dieser Seite hin abzurathen; und wenn das nicht geschehen ist, wenn vielmehr 
der zu straff gespannte Bogen im Jahre 1866 gesprungen ist, dann, meine 
Herren, bin ich der Meinung, daß damit uns und unsern Nachfolgern in 
diesem Hohen Hause nur die dringendfte Pflicht erwachsen ist, mit größerer 
Vorsicht und Mäßigung das dem Reichstage zuzuweisende Budgetrecht künftig 
anzuwenden und namentlich alle Factoren dabei in Rechnung zu bringen, 
namentlich auch den Fartor der Krone. Allein, meine Herren, aus die- 
sen Erinnerungen der Vergangenheit einen Grund hernehmen zu 
wollen, um das an sich begründcte Budgetrecht nicht zur Anerkennung 
kommen zu lassen, das wäre meiner Meinung nach ein Unrecht 
und ein folgenschwerer Irrthum. Das Prineip als solches ist denn 
auch vielfach von denjenigen Herren Rednern, die für die Regierungsvorlage 
sich ausgesprochen haben, anerkannt worden. Man hat aber gesagt, dieses 
wirkliche Budgetrecht werde entstellt, wenn man sich nicht mit der vorgeschla- 
genen 10jährigen Contingentirung begnügen wolle; es sei nicht zulässig, 
daß man jährlich an den fundamentalen Institutionen des Bundes, also auch 
an der Armee rüttele. Ich fUr meinen Theil könnte am allerleichtesten vom 
Standpunkte meiner Vergangenheit auf diesen Boden mich stellen, denn ich 
habe mir die Freiheit genommen, zu einer Zeit, wo dieses die Entrüstung 
der liberal-constitutionellen Partei erregt hat, für die Theilung des Budgets 
in ein dauerndes Ordinarium und ein jährlich zu bewilligendes Extraordi- 
narium auszusprechen. (Ruf: Sehr richtig!) Damals hat man dies von 
der liberalen constitutionellen Seite als eine Härefie behandelt. Ich würde 
mich also jetzt leicht auch auf diesen Standpunkt stellen könmen, allein, meine 
Herren, unter der Voraussetzung, die überall bei einem Ordinarium sub- 
intelligirt wird, daß die dauernd zu bewilligenden Ausgaben in der That 
auch nur den normalen dauernden Bedürfnissen des betreffenden Verwaltungs=
	        
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