Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

664 Schlußberathung. 
zweiges entsprechen. Und nun fragt es sich, ob dieser Maßstab zutrifft bei 
den Forderungen, wie sie in der Regierungsvorlage formulirt sind: 1 pCt. 
Präfengstand, 225 Thaler per Kopf, zehnjährige Dauer, und, nachdem die 
zehn Jahre abgelaufen sind, fernere Dauer, wenn nicht ein neues Bundes. 
gesetz zu Stande kommt. Meine Herren, ich vergegenwärtige mir dabei, daß 
dieser Status der knstigen Bundesarmee sachlich ungesähr demjenigen eot- 
spricht, was der status quo der Preußischen Armeeverwaltung seit 1859 
gewesen ist mit einer Ermäßigung hinsichtlich der Kopfzahl der präsenten 
Maunschaften, aber einer Erhöhung hinsichtlich des Geldbetrages, welcher 
dafür aufgebracht werden muß. Diesem status quo gegeaüber hat nun die 
Preußische Landesvertretung resp. das Abgcordnetenhaus (um mich correcter 
auszudrücken) sechs Jahre hindurch den Standpunkt eingenommen, daß sie 
behauptete, es sei dies eine unannehmbare Höhe der Militairbelastung, es 
sel Preußen nicht im Stande, diese Militairbelastung im Frieden dauernd zu 
ertragen. So wurde es namentlich von der entschiedenen Opposition des 
Abgeordnetenhauses unter besonderer Beflrwor tung der sogenannten volks- 
wlrthschaftlichen Elemente desselben mit der äußersten Bestimmtheit betont. 
Ob dies nun objectiv wahr ist, das getraue ich mir nicht auszusprechen. Das 
aber steht nach meiner Kenntniß der Zustände unseres Landes allerdings fest. 
daß die jetzige Belastung schwer empfunden wird, — und es steht weiter für 
mich fest, daß die Könige Preußens bis zum Jahre 1858 stets bemüht ge- 
wesen sind, die frühere Militairbelastung sort und sort zu ermäßigen, indem 
man von der gesetzlichen dreijährigen Präsenzzeit factisch auf die zweijährige 
übergegangen ist, und zwar ausgesprochenermaßen aus finanziellen Gründm. 
Also die Vermuthung spricht doch wohl dafür, daß die heute so sehr ange- 
schwollene Belastung denn doch etwas über dasjenige Maß der Belastungs- 
fähigkeit des Preußischen Volkes hinausgeht, welches dauernd im Frieden 
Übertragen werden kanu. Hinsichtlich der anderen Bundesstaaten ist dies 
aber nicht bloß wahrscheinlich, sondern es ist gewiß, daß diese Belastung 
über das zulässige Maximum hinaus geht. Denn unsere eigene Regierung 
hat ja geglaubt, besondere Armerconventionen mit mehreren der Bundesstaa- 
ten abzuschließen, die vorübergehend eine Entlastung gegenllber diesen allge- 
mein hier gestellten Forderungen involviren. Ich schließe nun hieraus, daß 
in der That das, was gefordert wird, über das Maß der Zulässigkeit der 
Friedensstärke hinausgeht, aber ich schließe hieraus keineswegs, daß die ma- 
terielle Forderung der Regierung heute abgelehnt werden müsse, — daß jetzt 
schon seinem ganzen Umfange nach das eintreten könne, was Seine Majestät 
der König in der Thronrede selbst in Aussicht gestellt hat, nämlich eine so- 
fortige Entlastung hinsichtlich der Armeebedürfnisse. Ich erkenne vollständig 
an, daß in diesem Augenblicke der ganzen Situation gegenüber ein solches 
Heruntergehen auf einen eigentlichen Friedensstatus nicht indieirt ist; ich 
glaube aber, daß dieser Reichstag seine Pflichten sowohl gegen den Bund 
ols gegen die Nation im vollsten Maße vereinigt, wenn er diejenigen Be-
	        
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