Generasdebatte. Reichensperger. 665
schlüsse aufrecht erhält, die auf Grund der Forckenbeck'schen Anträge bereits
gesaßt sind. Ee liegt hierin eine möglichst große Sicherung für die Inter-
essen der Centralgewalt. Nach Ablaus von vier, fünf Jahren wird es aller-
dings nur gegenlber den allerdringendsten Interessen und Bedürfnissen an-
räthlich erscheinen herunterzugehen. Etwas Wahres ist ja daran, was das
verehrte Mitglicd für Neustettin so Übertrieben stark betont hat, daß die
Armeebedlrrfnisse sich als ein noli me tangere ausgewiesen hätten. Ich schließe
nur nicht daraus, daß bei möglicherweise sehr veränderten Zuständen nlcht
auch hier finanzielle Ersparungen erzielt werden könnten, wie ja unsere eigene
Staatsregierung innerhalb der Preußischen reorganisirten Armee es immerhin
für zulässig erachtet hat. Es wurde ja bis zu diesen letzten Zeiten hin
immerwährend durch Beurlaubungen der wirkliche active Präsenzstand weit
unter drei Jahren gehalten. Von der rechten Seite ist nun prinadepiell der
Standpunkt eingenommen worden, man könne ja im Allgemeinen das Budget-
recht anerkennen, aber man könne nun und nimmermehr eine Versassungs-
urkunde acceptiren, welche es der künftigen Nationalvertretung möglich mache,
einen maßgebenden Einfluß auf die Staatsreglerung zu gewinnen, möglicher-
weise sogar Conflicte wieder herauf zu beschwören, wie sie in der Vergangen.
heit vorgelegen haben. Was das Erste anlangt, die Unzulässigkeit einer Ver-
sassungsbestimmung nämlich, die einen Einfluß der Landesvertretung möglich
machen soll, so antworte ich ganz einfach daraus: Wer einen solchen Einfluß
abwenden will, der muß Überhaupt schlechtweg von gar keinem Volkerechte
sprechen, der muß gar keines statuiren, denn jedes Volkerecht involvirt eine
Schranke für die Regierung und jede Schranke kann möglicherweise stören
und hbersprungen werden wollen. Wer also noch von Volkerechten spricht
und nicht will, daß die Möglichkeit einer Collision und indirect einer In-
fluenzirung aus die Staatsregierung herbeigeführt werde, der macht nichts an-
deres, als was der Volksmund „Bärenpolitik“ nennt. Das geht nicht — da
nimmt man auf der einen Seite, was man scheinbar auf der anderen Seite
gegeben hat. Was schließlich die Bermeidung der Conflicte anlangt, so muß
man sich doch nur vergegenwärtigen, was denn der in Pruußen bestandene
Conflict eigentlich gewesen ist. Es wird sich die Ueberzeugung sogleich dahin
ergeben, daß die Möglichkeit dieses Conflictes keinen Augenblick durch die
Annahme der Regierungsvorlage vermieden werden kann. Denn der Preußische
Conflict bestand ja doch lediglich darin, daß die Staateregierung einstitig
und, wie in der Thronrede von 1866 anerkannt ist, ohne gesetzliche Be-
gründung die Landesbelastung für die Armee erhöht hat. Ich frage nun:
wie soll das denn durch Annahme der Vorlage künftig unmsglich gemacht wor-
den sein? Die Gefahr künftiger Gesetzesüberschreitungen wird noch durch
die so ußerst lebendig hier vorgetragenen Selbstberichtigungen so vieler Mit.
glieder der Linken, die heute ihre früheren Irrthümer als Preußische Abge-
ordnete anerkennen, erhöht, — es liegt ja hierin gewissermahen eine Provo-
cation für jede künftige Verwaltung, auch ihrerseits sich wiederum einseitig