676 Schlußberathung.
mehr hatte, wo er alle jene beschränkenden Gesetze frlherer Zeit aufgchoben
hat. Der Wiederholung solcher Zustände sehen wir durch den vorletzten Ab-
schnitt entgegen. — Und nun, meine Herren, ich höre von Compromissen.
Wer schließt nicht in der Politik Compromisse, wenn er unschödlicher Weise
etwas aufopfern kann, wer weiß nicht, daß man, um etwas zu Stande zu
bringen, Nachgeben nöthig hat. Aber meine Herren, wem gegenllber machen
Sie diesen Compromiß? Sie beschädigen die Macht und Wirksamkeit des
Preußischen Staates, Sie bringen ctwas an's Licht, was durchaus kein Bun-
desstaat, sondern ein Staatenbund ist, ausgestattet mit den Ansprüchen, welche
der Deutsche Bund gegen das Volk behauptete. Um eiuen Staatenbund her-
zustellen, genligten die Militärconventionen. Sie geben die Grundlage dessen,
worauf die wirkliche Gewalt allerdings mitberuht. Ein solches militärisches
Bündniß ist zu unserer großen Befriedigung auch mit dem Süden hergestellt.
Diese Verfassung bringt nun neben dem Bündniß elnen Reichstag hinein,
ohne daß eigentlich ein Staat existirt, jedenfalls kein constitutioneller Bun-
desstaat beim Mangel eines verantwortlichen Ministeriums. Das ist das,
was Sie hler schaffen. Daß das nun etwas Ewiges, daß es etwas Blei-
bendes sei, nun, darau glaubt wohl Keiner von Ihnen, davon bin ich über-
zeugt. Daß es aber in der jetzigen augeublicklich gegebenen Zeit irgendwie
etwas Nothwendiges, ja auch nur etwas Berechtigtes sei, das leugne ich
ganz und gar, und darum kaun ich und will ich einem solchen Werke meine
Zustiumung nicht geben, es sei denn, daß es diejenigen Abänderungen erlei-
det, — und auch dann ist die Zustimmung für mich schon ein großes Opfer,
welches ich aber aus den von mir entwickelten Gründen vielleicht bringen
könnte — also es sei denn, daß es diejenigen Abänderungen erleidet, welche
wir durch unsere Amendements — und das ist der Grund der Wiederholung
derselben — Ihnen vorgeschlagen haben. Mit einem Worte, wir wollen einen
Zundesstaat, aber wir wollen ihn nur so, daß er den Preußischen Einheits-
staat nicht beschädigt, wir wollen ihn nur, indem er die Preußische jetzt vor-
handene Spitze nicht auders stellt, als sie ist, nämlich mit einein ver antwort-
lichen Ministerium. Diese Verfassung enthält uur die Verantwortlichkeit des
Bundeskanzlers, die aber gar keine Verantwortlichkeit ist, da der Kangler
namentlich in den wichtigsten Punkten gar keine Verantwortung hat; die
übrige Verantwortlichkeit ist beharrlich abgelehnt worden. Ohne ein verant.
wortliches Ministerium existirt keine aunehmbare Centralgewalt, und ohne
dieses Hauptprincip ist die Verfassung überhaupt nicht annehmbar. Selbst
das Budgetrecht hat uur dann eine Gestalt, wenn es in einer auf Verant-
wortlichkeit ruhenden Verfassung eingeführt ist. Dleses Alles vermissen wir
in der Verfassung, und wenn wir darum nicht im Stande sind, ihr zuzu-
stimmen, so thun wir das mit dem Bewußtsein, daß dessenungeachtet nicht
im Allermindesten die Sache, woflr wir einstehen, gefährdet ist, daß sie im
Gegentheile nur gewinnen kann, daß das Bündniß und die Einheit vollständig
an sich feststeht, daß es aber besser ist, es wird entweder den Landtagen selbst