Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 62. Schulze. 707 
Schulze (rc. Delitzsch)..) Mgen auch noch mehrere wichtige Entschei- 
duugen über einzelne Punkte des Entwurfs im Rückstand sein, so läßt sich 
doch schon ungefähr Über die Physiognomie desselben ein allgemeines Urtheil 
fällen. Daß wir natürlich hier bei der Frage über die Mitwirkung der 
Volksvertretung bei Feststellung der Militatrverpflichtung und des Militair- 
Budgets vor einem der Kernpunkte der ganzen Sache stehen, das wird nicht 
nöthig sein noch besonders zu bemerken. Ich will mir nur erlauben, die- 
lenigen geehrten Herren, welche den Amendements — die ja wieder repro- 
ducirt sind — des Herrn Grasen Stolberg u. s. w. beitreten, auf die 
eigenthümlichen Zustäude aufmerksam zu machen, die wir alsdann in unserem 
Staatsleben erreichen, wenn diese Amendements, und selbst, wenn auch nur 
das Amendement, was von den Herren Herzog von Ujest und von Bennigsen 
gestellt ist, angenommen werden. Dann bekommen wir eine Regierung, die 
halb absolut und halb constitutionell ist (Sehr richtig! links); wir 
bekommen eine Regierung, die über eine der allerwichtigsten Branchen der 
Staatsverwaltung, die in der Militairverwaltung und in der Verfgung über 
das Militairbudget absolut ist (Zustimmung links), und nebenher lausen 
andere Verwaltungszweige, wo die Mitwirkung der Volksvertretung gesichert 
ist, die also in constitutionellem Sinne und einer constitutionellen Versassung 
gemäß erledigt werden sollen. Nun, meine Herren, was daraus eutstehen 
muß, wenn dies wirklich ins Leben tritt, das ist wirklich unschwer vorher 
zu sagen. Man hat seitens der Herren Bundescommissarien und seitens 
vieler Mitglieder dieses Hauses eine Menge von Vorsichtsmaßregeln für noth- 
wendig gehalten, um Conflicten vorzubeugen. Meine Herren! Eine bessere 
Saat von Conflicten, als Sie dadurch in unser Staatsleben säen, daß Sie 
große Zweige der Verwaltung dem conftitutionellen Apparat entrücken und 
absolutistisch verwalten lassen aus eine Reihe von Jahren hinaus, — eine bessere 
Saat von Conflicten können Sie wirklich nicht streuen! (Sehr wahr! linkse.) 
Ich bitte besonders, daß Sie in dieser Beziehung einige große Grundinsti- 
tutionen des künftigen Bundesstaats, Über die wir Alle einverstanden sind, 
in das Auge sassen. Wenn Sie sich vergegeuwärtigen, daß wir die allge- 
meine Wehrpflicht haben, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß wir das all- 
gemeine gleiche directe Stimmrecht haben, daß also die Volksvertretung, die 
Sie zur Hälfte, und zwar zur wichtigeren Hälfte ihrer Besugnisse entkleiden, 
aus allgemeinen directen Wahlen hervorgegangen ist, meine Herren, wie soll 
das werden?! Wie soll das werden mit einer solchen Volksvertretung in 
diesem System, welches Sie schaffen auf eine Reihe von Jahren hinaus 
und welches insofern eine gewisse Permanenz erhält, als Sie dahin streben, 
daß es nur in der Hand der Bundesregierungen liegt, wie lange es bestehen 
soll, da Sie ja ausdrücklich in den Amendements von dem Grundsatze aus- 
gehen, daß diese Zustände dauern sollen, bis ein Gesetz zu Stande kommt, 
% Gt. Ver. S. 721. 
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