Threnrede vom 17. April 1867. 715
Erlauchte, edle und gerhrte Herren vom Reichslage des
Vorddeutschen Bundes!
Mit dem Gesühle aufrichtiger Genugthuung sehe Ich Sie am Schlusse
Ihrer wichtigen Thätigkeit wiederum um mich versammelt.
Die Hoffnungen, die Ich jüngst von dieser Stelle zugleich im Namen
der verbündeten Regierungen ausgesprochen habe, sind seitdem durch Sie zur
Erfüllung gebracht.
Mit parriotischem Ernste haben Sie die Größe Ihrer Ausgabe ersaßt,
mit freier Selbstbeherrschung die gemeinsamen Ziele im Auge behalten. Darnm
ist es uns gelungen, auf sicherem Grunde ein Verfassungswerk aufzurichten,
dessen weitere Entwickelung wir mit Zuversicht der Zukunft überlassen können.
Die Bundesgewalt ist mit den Befugnissen ausgestattet, welche für die
Wohlsahrt und die Macht des Bundes unentbehrlich, aber auch ausrecchend
sind, — den Einzelstaaten ist, unter Verbürgung ihrer Zukunst durch die
Gesammtheit des Bundes, die freie Bewegung auf allen den Gebieten ver-
blieben, auf welchen die Mannigfaltigkeit und Selbstständigkelt der Entwicke-
lung zulässig und ersprießlich ist. Der Volksvertretung ist diejenige Mit-
wirkung an der Verwirklichung der großen nationalen Ausgaben gesichert,
welche dem Geiste der bestehenden Landesvoersassungen und dem Bedllrsniß
der Regierungen entspricht, ihre Thätigkeit von dem Einverständnisse des
Deutschen Volkes getragen zu sehen.
Wir Alle, die wir zum Zustandekommen des nationalen Werkes mitge-
wirkt, die verbndeten Regierungen ebenso wie die Volksvertretung, haben
bereitwillig Opfer unserer Ansichten, unserer Wünsche gebracht; wir durften
es in der Ueberzeugung thun, daß diese Opfer für Deutschland gebracht
sind und daß unsere Einigung derselben werth war.
In diesem allseitigen Entgegenkommen, in der Ausgleichung und Ueber-
windung der Gegensätze ist zugleich die Bürgschaft für die weitere frucht-
bringende Entwickelung des Bundes gewonnen, mit dessen Abschluß auch die
Hoffnungen, welche uns mit unseren Brüdern in Süüddeutschland gemeinsam
sind, ihrer Erfüllung näher gerlickt werden. Die Zeit ist herbeigekommen,
wo unser Deutsches Vaterland durch seine Gesamutheit seinen Frieden, sein
Recht und seine Würde zu vertreten im Stando ist.
Das nationale Selbstbewußtsein, welches im Reichstag zu erhebendem
Auedruck gelangt ist, hat in allen Gauen des Deutschen Vaterlandee krästi-
gen Wiederhall gesunden. Nicht minder aber ist ganz Deutschland in seinen
Regierungen und in seinem Volke darüber einig, daß die wiedergewonnene
nationale Macht vor Allem ihre Bedeutung in der Sicherstellung der Seg-
nungen des Friedens zu bewähren hat.
Geehrte Herren! Das große Werk, an welchem mitzuwirlen wir von
der Vorsehung gewürdigt sind, gcht seiner Vollendung entgegen. Die Volks-