Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

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darin, daß hier einige Triblinen geöffnet sind, und daß gewisse Personen, 
denen es geglückt ist, Zulaßkarten zu erhalten, anhbren, was wir sprechen, 
sondern die Oeffentlichkeit fiudet erst dann ihren vollen Ansdruck, wenn die 
Berichte Über die Verhandlungen, wie sie hier gepflogen werden, in die 
weitesten Kreise des Volkes einzudringen im Stande sind. Der Satz, daß 
aus der Oeffentlichkeit der Verhandlungen zuglelch der Schutz der wahrheits- 
getrenen Berichte folge, war so unbestritten und so unzweiselhaft, daß die 
Preußische Verfassungsurkunde nur nöthig gefunden hat, das 
Princip der Oeffentlichkelt auszusprechen, und daß selbst im 
Jahre 1850, als die Strömung bereite eine rückläufige war, das Preß- 
gesetz das Princip in Anwendung gebracht und im 8 38 wahrheits- 
getreue Berichte über die Berhandlungen im Landtage jeder Berantwortlich- 
keit enthoben hat. Ich würde auch jetzt diesem richtigen Grundsatze, und 
seiner Durchführung vertraut, ich wlirde erwartet haben, daß unmöglich die 
Berichte schutzlos gestellt werden können, so fern einmal das Princip der 
Oeffentlichkeit anerkannt ist, wenn ich nicht aus dem Verlause, welche 
diese Angelegenheit vor dem Preußischen Landtage genommen 
hat, leider das Gegentheil zu besorgen hätte. Schon bei der Be- 
rathung des Wahlgesetzes wurde eine Meinung laut, welche für noth- 
wendig hielt, dem jetzigen Relchstage den Schutz seiner Berichte sicher zu 
stellen, und diesen Schutz zu einem Theil des Wahlgesetzes für den Reichs- 
tag machen wollte. Damals meinte man dagegen, es stehe der Schutz der 
Presse nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Wahlgesetze, und von der 
Regierung wurde geltend gemacht, daß ee nicht gut sei, das Wahlgesetz in 
Frage zu bringen und eine Materie hineinzubringen, welche nicht nothwendi- 
ger Weise einen Bestandtheil desselben auemache. Das entschied, und die 
Commission des Abgeordnetenhauses nahm Abstand, einen sol- 
chen Paragraphen dem Abgeordnetenhause vorzuschlagen. Spä- 
ter kam der natürliche Wunsch wieder zum Ausdruck in dem Antrage des 
Abgeordneten Pauer, daß gesetzlich das Recht und die Freiheit der wahr- 
heitsgetreuen Berichte festgestellt werde. Als der Antrag eingebracht 
wurde, erklärten die mit der Regierung in naher Verbindung 
stehenden Organe, daß die Zustimmung der Regierung zu diesem 
außer Zweifel stehe, es sel ein natürliches Recht und ein Ausfluß aus der 
Straffreiheit für die Reden der Abgeordneten und aus der Oeffentlichkeit der 
Verhandlungen, daß auch die Berichte straffrei bleliben mlißten, es sei außer- 
dem natürlich und zwingend, da einmal die Verhandlungen des Preußischen 
Landtages diesen Schutz geuössen, einen gleichen Schutz auch dem Reichstage 
z#uwenden. So verbreitete sich die Meinung nicht nur unter den Libera- 
len, sondern auch unter den Conservativen, daß die Regierung nicht gedenke, 
einen Widerstand gegen das eingebrachte Gesetz zu leisten. Als die Ber- 
handlung im Abgeordnetenhause begann, war kein Vertreter der 
Reglerung anwesend; auf den Antrag, daß die Verhandlung aus-
	        
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