Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

992 I. Session des deutschen Reichstages. 
werden darin mit mir einverstanden sein — auf dem Grunde der unvordenk- 
lichen Verjährung gerade so unaufechtbar ist wie ein Vertrag. Wenn also 
der Papst ein Herkommen, das vielleicht ein Jahrtausend oder auch nur ein 
halbes Jahrtausend alt ist, in Schutz nimmt, wenn er in starken Ausdrücken 
protestirt gegen die Verletzung dieses Ktalus qusf, dann finde ich darin 
durchaus nichte Ungeheuerliches. Freilich mag es für Viele ungeheuerilich 
sein, daß der Papst sich einfallen läßt, gegen eine mächtige Regierung, wie 
die österreichische, Proteste ergehen zu lassen; aber das wird er sich niemals 
nehmen lassen, selbst wenn er in der Verbannung in Canada leben sollte; 
er wird dann dieselbe feierliche Sprache als Haupt der Christenheit führen, 
wie er sie jetzt noch als Souverän vom Vatikan aus geführt hat. (Hört! 
hört! links.) Jetzt darf ich mich wohl zu dem Herrn Grafen von Franken- 
berg wenden. Der Herr Graf von Frankenberg hat uns zunächst wieder 
einen Zeitungsartikel vorgelesen und für diesen seinen Zeitungsartikel indirekt 
den Herrn Freiherr von Kctteler verantwortlich gemacht. (Ruf: indirekt?) 
Allerdings nur indirekt; er hat gesagt, Herr von Ketteler übe Einfluß auf 
dieses Blatt; aber er hat nicht gesagt, derselbe habe den Artikel geschrieben 
oder in seinem Auftrage schreiben lassen, also nur indirekt hat er ihn dafür 
verantwortlich gemacht. In dieser Beziehung wird der eben genannte Abge- 
ordnete zweifelsohne in einer persönlichen Bemerkung schon selbst das Nöthige 
sagen. Ich habe nicht den Beruf als sein Organ hier aufzutreten, wohl 
aber habe ich meinerseits zu sagen, daß wir, die Fraktion des Centrume, 
wirklich genöthigt wären die Censur wieder einzuführen, wenn wir für 
Alles verantwortlich gemacht werden sollen, was in Blättern, die sich für 
katholische ausgeben oder für katholische gehalten werden, gesagt wird; Sie 
laden uns damit eine Verantwortung auf, unter der wir erliegen würden. 
Die Blätter z. B., die Herr Miquel uns gestern vorgeführt hat — einzelne 
Aeußerungen daraus haben mich mit wahrer Indignation erfüllt — uns ent- 
gegenzuhalten, — ich wußte nicht einmal von der Existenz dieser Blätter — 
das scheint mir mit der Loyalität kaum verträglich zu sein mit der Loyalität 
namentlich, die vor Allem in diesem Hause herrschen müßte. (Sehr richtig! 
im Centrum.) Dann aber, meine Herren, möchte ich doch auch noch an 
ein altes Sprüchwort erinnern: Diejenigen sollen nicht mit Steinen werfen, 
die in einem gläsernen Hause wohnen. Wenn wir Ilnen, meine Herren, 
Alles vorhalten wollten, was in Ihren Zeimungen gestanden hat und täglich 
steht, diese fortwährende giftige Klerikalenhetzerei, die fort und fort gegen uns 
getrieben wird mit allen Mitteln erlaubten und unerlaubten, dann hätten 
wir außerordentlich viel zu thun; es ist aber unter unserer Würde, sowie es 
gestern unter der Würde des Abgeordneten Miquel war, seinerseits auf die 
Anschuldigung des Herrn Abgeordneten Bebel zu antworten. (Heiterkeit.) 
Wir halten vieles Derartige unter unserer Würde; namentlich aber, meine 
Herren, möchte ich Ihnen doch noch bemerken, daß schon das Wort „Klerikale“, 
welches immer mit so besonderer Vorliebe von dieser Seite (links) gebraucht
	        
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