Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Art. 2. Grundrechte. Reichensperger. 993 
wird, parlamentarisch eigentlich nicht zulässig erscheint. Wir sind keine 
Klerikalen, wir sind einfach Katholiken. (Widerspruch.) Wollen Sie uns 
irgend ein Stichwort anhängen, das könnten wir Ihnen gegenüber nicht 
minder; solche eristiren sogar schon, nur gebrauchen wir sie nicht in diesem 
Hause. Ich glaube, im Parlament sollte man von uns als Katholiken reden. 
(Viderspruch.) Wenn Sie glauben, meine Herren, daß unser Katholizismus 
sich von dem Katholizismus anderer Herren unterscheidet, was ich nicht be- 
zreifle, so heben Sie diese Unterschiede nur hervor, wie Sie das ja in reich- 
lichem Maße thun; aber bedienen Sie sich keiner Spitznamen. Hier sind wir 
als Partei die Fraktion des Centrums. 
Prästdent: Ich möchte mich gern gegen den Vorwurf decken, der in 
den Worten des Redners auch für mich zu liegen scheint. 
Reichensperger: Soweit es ein Vorwurf gegen das Präsidium sein 
konnte, nehme ich Alles zurück. (Große Heiterkeit.) 
PTrälident: Ich bin dafür zwar sehr dankbar, aber ich halte mich doch 
für verpflichtet, zu bemerken, daß es meinerseits eine Ammaßung wäre, wenn 
ich mir herausnehmen wollte, einen Ausdruck, wie das Wort „klerikal", an 
dem nach meinem Gedanken auch nicht die Spur eines Vorwurfs haftet oder 
haften kann — da es doch bedeutet „bezüglich auf den Klerus“ — als einen 
unparlamentarischen zu stigmatisiren. 
Beichensperger (Crefeld) fortf.:, Die Leser der stenographischen Berichte 
meine Herren, werden darüber urtheilen, und ich erwarte dieses Urtheil, 
ebenso werden diese Leser draußen darüber urtheilen, was an allen den 
Widensprüchen ist, die uns immer vorgeworfen werden. Alle Redner bringen 
uns hintereinander in Widerspruch mit uns selbst, und wir unsererseits wissen 
nichts davon. Der Herr Abgeordnete Graf von Frankenburg hat darauf im 
Wesentlichen ausgeführt, die Artikel, welche wir vorschlügen, und nament- 
lich der § 15, wären gut und schön, sogar so gut und schön, daß er 
es schriftlich gegeben habe, dafür stimmen zu wollen; er hat nur ver- 
gessen zu antworten, — vielleicht ist er danach aber auch nicht gefragt 
worden, wann er dafür stimmen werde; — und so bin ich denn sehr auf den 
Zeitpunkt gespannt, wann der Herr Abgeordnete sein Versprechen lösen wird; 
ich darf natürlich in Betreff der Opportunität ihm keine Zumuthung machen. 
Indeß bin ich doch nach wie vor der Ansicht, daß der jetzige ein ganz oppor- 
tuner Zeitpunkt ist, und zwar schon aus dem einen Grunde, den ich im 
Anfang angab, daß es nämllich sehr gut ist, wenn wir von vomnherein unsere 
Stellungen charakterisiren, wenn wir allseitig klar erkennen, wie wir diesen 
Kardinalfreiheiten gegenüber stehen, — und das wissen wir jetzt. — Der Herr 
Abgeordnete hat dann auch noch weiter abermals von einer katholischen Frak- 
tion gesprochen, zum Auschlusse an welche ausdrücklich vor den Wahlen auf- 
Materialien 111. 63
	        
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