1002 I. Session des dentschen Reichstages.
und ohne zu sagen, warum er mit Nein stimmt, von dem wird gesagt, er
verharre lediglich in der Negation. (Heiterkeit.) Wir aber, meine Herren,
wir sind nicht hierher gekommen, um uns verneinend hier zu verhalten,
sondern wir sind hierher gekommen, um im entschieden freiheitlichen Sinne
mitzuarbeiten so viel in unsern Kräften stebt an der Entwickelung des
Deutschen Reiches, und deshalb mußten wir bei der Verfassung die Amende-
ments stellen, da wir sonst unsere Abstimmung am Schluß nicht motiviren
könnten. — Ich komme nun zur Beantwortung der Frage, warum wir diese
Amendements schon jetzt eingebracht haben? Es ist in die neue Verfassung
zum ersten Male aufgenommen die Presse und das Vereinswesen. Bezüg-
lich vieler der übrigen Punkte, die in der Verfassung stehen, enthält dieselbe
bereits Grundrechte. Der ganze Artikel 3 ist eine Sammlung von Grund-
rechten und sie stehen vor dem Artikel 4, der eigentlich die Kompetenz des
Bundes ausführt. Nur bezäglich der neu aufgenommen Sätze über Presse
und Vereinswesen stehen keine Grundrechte in der Verfassung, und wir haben
die Gelegenheit benutzen zu müssen geglaubt, wo von der andern Seite selche
Grundrechte vorgeschlagen wurden, — verstümmelte Grundrechte, wie ich
gerne zugebe —, um Ihnen dafür die wahren Grundrechte des Deutschen
Volkes zu bringen die Grundrechte, die am 28. Dezember 1848 in der
Paulskirche zu Frankfurt angenommen und verkündigt wurden und die
rechtsgültig waren im ganzen Deutschen Reiche. Wir hätten gern die ganzen
Grundrechte unverändert hier zum Antrage gebracht, nicht blos einzelne Be-
stimmungen derselben; aber, meine Herren, es ging eben nicht, weil wir als
eine kleine Minderzahl nicht das Recht des Antrages hatten; wir werden
selbstverständlich keine Gelegenheit unbenutzt lassen, um auch die Widerein-
führung der andern Theile der Deutschen Grundrechte zu beantragen. Und
gerade in der Beziehung, was die Anträge über die kirchliche Einrichtung
und die kirchliche Freiheit betrifft, sind, wie Ihmen schon mein verehrter
Freund Herr Dr. Löwe gesagt hat, die Frankfurter Grundrechte ganz anders
als die preußischen, und wir würden, wenn wir es überhaupt für angemessen
erachtet hätten, jetzt in diese Kompetenzerweiterung des Bundes einzutreten,
vorgeschlagen haben die Frankfurter Grundrechte über Glaubens= und Ge-
wissensfreiheit an die Stelle der Anträge zu setzen. Nun aber, meine
Herren, um auf die Presse und das Vereinswesen zurückzukommen, so glauben
wir allerdings, daß es gut sein würde, wenn so lange wir in den bestehen-
den Gesetzen der einzelnen Staaten noch gewisse wenn auch zum Theil
(worauf ich gleich kommen werde) sehr beschränkte Rechte haben, — wenn wir
diese nicht ohne Weiteres in die Reichsverfassung aufnehmen, ohne wenigstens
die Grundlagen zu kennen, welche der neuen Gesetzgebung zu Grunde liegen
müssen. Ich bin in dieser Beziehung nicht so vertrauensvoll als wie der
Herr Abgeordncte Dr. von Treitschke, dem es ganz unzweifelhaft scheint, daß
wir hier ein entschieden freisinniges Preßgesetz bekommen werden. Die Sätze
der Frankfurter Grundrechte in Beziehung auf die Presse enthalten Alles,