Art. 2. Grundrechte. Sonnemann. 1005
gangen, wie dem Korrespondenten der „Frankfurter Zeitung“; und der
Korrespondent der „Augsburger Allgemeinen Zeitung", die gewiß in nationaler
Beziehung während dieses Krieges ihr Möglichstes gethan hat, ist in Folge
der Ausweisung, wie Ihnen bekannt ist, zum Selbstmord getrieben worden,
weil er seine Ehre beschädigt glaubte. Ist man den Korrespondenten der
auswärtigen Blätter in solcher Weise begegnet!? Nein! Man hat sie bei
jeder Gelegenheit bevorzugt, man hat ihnen Alles eingeräumt. Aber der
Deutschen Presse, die während des Krieges die größten Opfer gebracht hat,
was auch ich von meinem Parteistandpunkt aus sagen darf, ist man in
einer Weise begegnet, wie es in Zukunft hoffentlich nicht mehr geschehen
wird, wenn der Deutsche Reichstag ein Preßgesetz erlassen haben wird! Nun,
meine Herren, ich glaube, daß diese Thatsachen, die ich Ihnen vorgeführt
habe, im Allgemeinen wohl berechtigen, nicht darauf zu warten, bis der
Reichstag ein Preßgesetz beschließt; nachdem diese Angelegenheit seiner Kom-
petenz überwiesen worden ist, meine Herren, — Sie werden einräumen,
wenigstens werden Sie den Standpunkt als berechtigt anerkennen, daß es gut
wäre, wenn wir den Regierungen gleich einen Fingerzeig geben würden, wie
wir uns das neue Preßgesetz denken. Sie werden zwar einwenden, was wir
vorschlagen gehöre nicht hierher, es handle sich jetzt blos um eine formelle
Redaktion. Nun, wenn dem so ist, meine Herren, dann gehört es erst recht
hierher! Ich gehöre zum ersten Mal dem Reichstage an, hatte also im
Winter, als die Verträge berathen wurden, keine Gelegenheit Anträge zu
stellen; aber wenn damals ein derartiger Antrag gekommen wäre, hätte man
mit Recht gesagt: die Verträge sind angenommen, die verschiedenen Volks-
vertretungen sollen sie annehmen, und wenn ihr jetzt etwas Neues hinein-
bringt, dann haltet Ihr die Sache nur auf. Jetzt aber steht Alles fest, und
es muß sogar, wie der Herr Abgeordnete Lasker ausgeführt hat, bei der
Beurtheilung einzelner Fragen auf die Originalverträge rekurrirt werden.
Durch eine etwaige Annahme unseres Antrages kann also Nichts in Frage
gestellt werden; er ist einfach ein Amendement, welches wir den Regierungen
vorlegen. Wenn Sie die Sätze der Frankfurter Grundrechte über die Presse
und das Vereinswesen annehmen, so wird dadurch den Regierungen nur
eine Direktive gegeben, wie wir uns das Preßgesetz denken, das dem Reichs-
tage vorgelegt werden soll. Es ist darin auch gesagt, daß Schwurgerichte
über die Presse urtheilen sollen. Diese Einrichtung besteht bereits in Baiern
und sie besteht zum Segen des Landes. Sie wird vielleicht in Frage ge-
stellt sein, wenn Sie ohne Weiteres, ohne Grundrechte in die Verfassung
aufgenommen zu haben, die Presse und das Vereinsrecht der Reichsverfassung
überweisen, wenn Sie keine Geschworenengerichte festsetzen, die ja selbst in
Oesterreich für Preßvergehen eingeführt sind; dabei ist gewiß keine Gefahr
für den Staat. Es hat sich in Baiern gezeigt, daß obwohl solche Preßer-
zeugnisse, wie sie uns gestern von Herrn Migucl vorgelesen sind, dort ge-
druckt und verbreitet worden sind, man dort doch während des Krieges wie