Art. 2. Grundrechte. Schulze. Hoverbeck. 1009
ernstlich zu thun ist, eintreten, damit glaube ich, kommt man zu Allem
eher, als zur Verwirklichung dieser Idee. Ueberhaupt eine Partei, die sich
offen — es ist ja das sehr anerkennenswerth — als revolutionär bekennt, —
also mit der Tendenz Revolutionen herbeizuführen, die verkennt nach meiner
Ansicht den ganzen großartigen geschichtlichen Begriff, ja die geschichtliche
Berechtigung, welche einer Revolution unter Umständen beiwohnt. Was
ist denn eine Revolution? Eine solche Krisis im Völkerleben, wie wir ihr
nicht selten große weltgeschichtliche Erfolge verdanken! Das ist ein Durch-
bruch des Volksgeistes gegen äußerlich aufgedrungene Hemmungen, das ist
ein elementares Ereigniß, eine allgemeine Geisterbewegung, die alle Schranken
durchbricht, die man ihr künstlich zu ziehen gedenkt! Nun, meine Herren,
sich als Partei die Tendenz stellen, so Etwas zu machen, das ist ein Unter-
nehmen, welches den geschichtlichen Gesetzen zuwiderläuft. Mag sein, daß
eine Partei die Rerolution benutzt, wenn sie da ist, daß sie Gestaltungen,
wie sie ihren Ansichten entsprechen, daraus hervorzurufen sucht, — das ist
etwas vollkommen Berechtigtes und Mögliches. Aber sich einbilden, meine
Herren, mittelst eines solchen Parteigetriebes Revolutionen zu machen, das
ist für den, der nur einen Blick in die Geschichte gethan hat, eine Lächer-
lichkeit. Auf diese Weise macht man wohl Emeuten und Putsche, aber
wahrhaftig keine Revolution in dem großen geschichtlichen Sinne mit ciner
neuen Aera für ein ganzes Volksleben! (Bravo! links.) Wenn denn aber
ja eine Partei und mit einigem Recht sich so nennen wollte, dann müßte
sie doch wenigstens den gesammten Volksgeist repräsentiren. Nun, meine
Herren, ich glaube zum Heil unsers Vaterlandes, die Herren Bebel
und Genossen repräsentiren den Deutschen Volksgeist nicht! (Lebhafter
Beifall.)
(Bebel: Vorläufig nicht!)
Freiherr von Hoverbech:') Meine Herren, indem ich mich zu der ganzen
Denkweise, die mein verehrter Freund Schulze hier entwickelt hat, bekenne,
möchte ich doch, damit das nicht mißverstanden wird, ausdrücklich in Be-
ziehung auf die Fragc, die wir zu beantworten haben, das hervorheben, daß
aus seinen Ausführungen keineswegs folgt, daß wir die Frage des Herrn
Präsidenten, ob wir den Antrag Sonnemann eventuell dem Antrage
Reichensperger vorziehen würden — mit Nein beantworten müßten. Wir
werden natürlich zuerst nach unserer besten Ueberzeugung zwischen diesen
beiden Formen zu wählen und erst später dann in der Endabstimmung uns
zu entscheiden haben, ob wir formell diesen Augenblick für den geeigucten,
ja für den zulässigen halten, diese Reform in dieser Weise durchzusetzen.
*) St. B. S. 153 l. m.
MNateriallen III.