Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1869. Anmerkung zu Art. 4. Ziff. 9. Grumbrecht. 1019 
glaube ich, — und das scheint die Ueberzeugung zu sein, die sich in 
weiteren Kreisen verbreitet hat — daß bei der Berathung der Verfassung 
der Antrag abgelehnt wurde, weil man seine Tragweite nicht vollständig er- 
kannte, weil man allgemeine Grundsätze auf denselben vielleicht in unrichtiger 
Weise anwandte, namentlich auch solche allgemeine Grundsätze, die auf diese 
Verhältnisse gar nicht anwendbar sind. Es war damals eine entschiedene 
Opposition von Seiten der Vertreter der Seestädte gegen den Antrag, und 
man setzte natürlich roraus, daß die Stimmung in den Seestädten eine ähn- 
liche wäre. Das, meine Herren, ist jedoch nicht mehr der Fall. Ich glaube, 
ich darf mit Recht behaupten, daß die Stimmung über die Frage in den 
Seestädten sich wesentlich seit jener Zeit geändert hat. Hinsichtlich Lübecks 
können Sie dies schon daraus entnehmen, daß der Vertreter dieser Hanfestadt 
den Antrag mit unterstützt hat. In Betreff Bremens ergibt die Presse fast 
einstimmig, daß man dort in weiten Kreisen dem Antrage und seiner An- 
nahme günstig ist. In Hamburg endlich ist die Zahl der Stimmen nicht 
gering, die sich für den Antrag als für einen zweckmäßigen er- 
klären. Namentlich kann ich jetzt schon auf den Beschluß eines Vereins hin- 
weisen, der in dieser Hinsicht ein sachverständiges Gutachten abgegeben hat: 
auf den Beschluß des Norddeutschen Nautischen Vereins, der in der Mitte 
des Februar am 18. und 19. in Hamburg getagt hat und von Vertretern 
aller größeren Seestädte und natürlich auch von sehr vielen Bewohnern Ham- 
burgs besucht war. Dieser Verein hat in Bezug auf das Lootsenwesen, 
welches ich zuerst erwähnen will, folgenden Antrag zum Beschluß erhoben: 
„Es ist vom Verein zu erklären: die Organisation des Lootsenwesens ist den 
Verwaltungsbehörden der einzelnen Flußgebiete“ — zuerst lautete der Antrag 
etwas anders, er ist aber schließlich auf diesen Wortlaut abgeändert — „nach 
Maßgabe der örtlichen Bedürfnisse den Letzteren zu überlassen; wünschens- 
werth ist jedoch, daß der Bund für die Einrichtung einer sachverständigen 
Kommission sorgt, welche sich über das Maaß des Bedürfnisses der einzelnen 
Häfen, insbesondere, ob Zwangslootsen sein sollen oder nicht, mit den Behör- 
den der letzteren verständigt, eventuell bei mangelnder Einigung zu bestimmen 
hat, was geschehen soll.“ In dieser Weise hat sich der Verein ausgesprochen, 
und wenn ich nicht irre auch ein desfallsiges Gesuch an das Bundeskanzler- 
amt in neuerer Zeit gerichtct, um dem Beschlusse zur Ausführung zu ver- 
helfen. Ueber das Leuchtwesen ist in ähnlicher Weise beschlossen und zwar 
ist namentlich folgender Antrag angenommen worden: „Die Beleuchtung 
der Küsten des Norddeutschen Bundesstaates, sowie die Beleuchtung 
der Bundesgewässer und Reviere, mit Ausnahme der Hafenlichter, über- 
nimmt der Norddeutsche Bund.“" Die weitere Ausführung dieser Beschlüsse 
glaube ich nicht anführen zu sollen, weil dies ja der Spezialdebatte vorbe- 
halten bleiben muß. Es lag mir nur daran, nachzuweisen, daß in der That 
die Stimmung über die Frage sich in den Seestädten geändert und daß man 
erkannt habe, daß diejenigen Gegenstände, welche in meinem Antrage enthalten
	        
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