Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1032 I. Session des deutschen Reichstages. 1871. 
geordnete für Bremen so wenig Interesse für die finanzielle Lage seiner 
Vaterstadt hätte, daß er von einem Antrage, der dem Bunde Kosten machte 
und seiner Vaterstadt Kosten sparte, so dringend abrathen würde. Solche 
Erwägungen sind gewiß nicht geeignet, den Reichstag zu überzeugen, daß 
eben die Ansichten richtig sind, die die beiden Herren, Roß so gut wie 
Meier (Bremen), vertreten in ihrer Vaterstadt, ohne damit erheblich viel 
Zustimmung zu finden. Was den Schluß der Rede des Abgeordneten 
Meier betrifft, so muß ich gestehen, daß ich sehr überrascht war. Ich hatte 
bei dem Eingange derselben erwartet, daß er meinen Antrag für ganz 
schlecht erklären würde und für ganz unausführbar. Am Schlusse seiner 
Rede hat er aber nur eine Modifikation verlangt und anerkannt, daß im 
Wesentlichen der Bundesgewalt diese Dinge überwicsen werden müssen. Er 
hat also in der That für meinen Antrag gesprochen. Ich habe ihn 
wenigstens nicht anders verstehen köonnen. Denn wenn er meint, daß die 
Bundesgewalt in der Uebernahme dieser Angelegenheit zu weit gehen könne, 
so hat er Recht; ich setze aber voraus, daß sie vernünftig handelt, daß sie 
nur die allgemeine Leitung übernimmt. Er hat aber anerkannt, daß der 
Bundesgewalt die allgemeine Leitung nicht allein zukommen könne sondern 
zukommen müsse, wenn die Verwaltung eine zweckmäßige sein selle. Im 
nationalen Interesse hat er anerkannt, daß ebenso wie die Deutsche Gesell- 
schaft zur Rettung von Schiffbrüchigen eine Deutsche sein müsse, so auch 
hier, wo es sich um Menschenleben und große Güter, die an der Küste zu 
Grunde gehen können, handelt, auch Einrichtungen auf Kosten der Bundes- 
gewalt getroffen werden müssen, wenigstens unter ihrer Leitung. Die Höhe 
der Kosten zu bestimmen, gehört in die Spezialdebatte. Nun muß ich ge- 
stehen, daß ich auch den Einwand, der von dem Herrn Präsidenten des 
Bundeskanzler-Amtes gemacht ist, nicht recht verstehe. In unserer Ver- 
fassung sind alle Angelegenheiten, die der Kompetenz des Bundes überwiesen 
sind, in dieser Vorm der Kompetenz des Bundes überwiesen. Es sind dann, 
ich gebe zu, über Zoll-, Post-, Telegraxhenwesen und Marine spezielle Be- 
stimmungen getroffen, die das genauer formuliren: aber im Großen und 
Ganzen ist die Kompetenz des Bundes bedingt durch die Vorschriften im 
Eingange des Artikels, der da sagt: „Der Beaufsichtigung seitens des Bundes 
und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegen- 
heiten 2c." Nun kann ich zwar das Post= und Telegraphenwesen nicht als 
Beispiel benutzen, weil besondere Bestimmungen darüber bestehen. Ich kann 
aber als Beispiel die Nr. 3 benutzen: „die Ordnung des Maaß-, Münz- 
und Gewichts-Systems nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission 
von fundirtem und unfundirtem Papiergelde.“ Wir haben ein Gesetz er- 
lassen, welches die Angelegenheit ordnet, und die Verwaltung der ganzen 
Angelegenheit haben wir ohne alles Bedenken dem Bunde übergeben; die 
Bundes-Aichungs-Kommission ist sogar schon. in Thätigkeit getreten. Nun 
frage ich: warum soll der Bund nicht eben so gut bei der Nr. 9 des Ar-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.